CIBEDO-Beiträge 04/2013
Editorial
Editorial 4/2013
Liebe Leserinnen und Leser,
„Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen.“ Mit diesen Worten beginnt das Apostolische Schreiben Evangelii Gaudium von Papst Franziskus. Darin bemerkt er zum interre-ligiösen Dialog: „Eine Haltung der Offenheit in der Wahrheit und in der Liebe muss den interreligiösen Dialog mit den Angehörigen der nicht-christlichen Religionen kennzeichnen, trotz der verschiedenen Hindernisse und Schwierigkeiten, besonders der Fundamentalismen auf beiden Seiten.“ Dass die fundamentalistischen Strömun-gen nicht nur für den Dialog der verschiedenen Religionen eine Herausforderung sind, kann man an den intrareligiö-sen Auseinandersetzungen in beinahe jeder Religion festmachen. Die Anhänger einer Religion ringen oft mit sich selbst, aber auch mit den Lehren ihrer Religion, um das richtige Verständnis. Glaubensquellen und Glaubenszeugnisse benötigen qualifizierte Menschen, die diese erschließen und in die jeweilige Zeit übersetzen können. Dies ist freilich eine innerreligiöse Angelegenheit, die möglichst ohne Einfluss von außen – soweit das in einem multireligiösen Kon-text möglich ist – geklärt werden sollte. Gerade erleben wir in Deutschland eine innerislamische Debatte über die „richtige Lehre“ der islamischen Theologie, die zwischen dem Leiter des Zentrums für Islamische Theologie in Müns-ter und dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) ausgetragen wird. Dabei geht es auch um die Deutungshoheit über die islamische Religion und die Frage, wie sie sich in Deutschland darstellen soll.
Nur Menschen, die in der eigenen religiösen Tradition beheimatet sind, können im interreligiösen Dialog den Dialog-partnern authentisch begegnen. Es ist für die Begegnung zwischen den Anhängern der verschiedenen Religionen nicht dienlich, wenn Werte und Merkmale einer bestimmten Tradition zugunsten eines missverstandenen Irenismus aufge-geben werden und „ein versöhnlicher Synkretismus“ angestrebt wird. Das ist auch nicht das Ziel des interreligiösen Dialogs. Neben der Erörterung theologisch-religiöser Aspekte muss der Dialog auch der Herstellung von Gerechtigkeit und Frieden über die religiösen Grenzen hinweg dienen.
Der Papst unterstreicht die Aktualität und die gegenwärtige Notwendigkeit eines Dialogs mit dem Islam und ruft die Worte von Lumen Gentium 16 in Erinnerung, dass die Muslime „sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird“. Christen und Muslime haben trotz unterschiedlicher Auffassungen ihre gemeinsamen Wurzeln, darin können sie in einer konstrukti-ven Dialoghaltung viel Verbindendes entdecken. Dass die Begegnung zwischen Christen und Muslimen gelingt und die Dialogpartner sich gegenseitig bereichern, kann man beispielhaft aus dem Beitrag von Werner Höbsch in diesem Heft entnehmen. Der Dialog kann anstrengend sein und verlangt einen langen Atem. Es ist aber der Mühen wert!
Das neue Jahr möge auch Sie mit der Freude des Evangeliums erfüllen und Christen und Muslime er mutigen, mehr aufeinander zuzugehen und sich gemeinsam für ein friedliches Zusammenleben einzusetzen.
In diesem Sinne, ein gutes neues Jahr 2014
Timo Güzelmansur
Inhaltsverzeichnis
Studien
Gottes Wort in Menschenwort – zum Begriff der Offenbarung bei Abdulkarim Soroush
von Dirk Ansorge, Frankfurt am Main 148
Christlich-islamischer Dialog in einer kleinen Stadt
von Werner Höbsch, Köln 156
Zusammenarbeit mit Muslimen für ein besseres Indonesien
von Franz Magnis-Suseno SJ, Jakarta 161
Dokumentation
Mut zum Frieden, Mut zur Hoffnung
Auszug aus der Ansprache von Papst Franziskus an die Teilnehmer des
internationalen Friedenstreffens der Gemeinschaft Sant’Egidio 165
Evangelii Gaudium
Auszug aus dem Apostolischen Schreiben des Heiligen Vaters Papst Franziskus an die Bischöfe,
an die Priester und Diakone, an die Personen geweihten Lebens und an die christgläubigen Laien
über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute 167
Wertvoller Beitrag für die Gesellschaft
Grußbotschaft des Vorsitzenden der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz
für den Interreligiösen Dialog, Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke, zum Aschura-Fest 2013 171
Berichte
„Rechte Wege“ – eine Theologie des Dialogs und der Akzeptanz
Bericht zur Herbstkonferenz des Graduiertenkollegs Islamische Theologie
von Jan Felix Engelhardt 172
Noch ein Zweig in der Wurzel des Ölbaums?
Bericht zur zweiten CIBEDO-Werkstatt: Theologie im Angesicht des Islam
von Matthias Böhm und Verena Voigt 174
Dem Einen entgegen
Bericht zur Tagung „Christliche und islamische Mystik in historischer Perspektive“
von Andreas Renz 176
Buchbesprechungen
Bernlochner, Max: Interkulturell-interreligiöse Kompetenz. Positionen und Perspektiven
interreligiösen Lernens im Blick auf den Islam
von Katja Boehme 179
Khorchide, Mouhanad: Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion
von Christian W. Troll SJ 180
Khorchide, Mouhanad: Scharia – der missverstandene Gott. Der Weg zu einer modernen islamischen Ethik
von Christian W. Troll SJ 181
Literaturhinweise 183
Neuanschaffungen der CIBEDO-Bibliothek 185
Zeitschriftenschau 186
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