Kirchhof fordert islamischen Religionsunterricht in Deutschland
KNA 04.12.2015
München (KNA) Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof hat angesichts der Flüchtlingszahlen flächendeckenden islamischen Religionsunterricht in Deutschland gefordert. "Wir erleben gerade, dass eine Religionskultur in unsere Schulen hineinwächst, auf die der Staat reagieren muss", sagte er am Donnerstagabend in München. Dafür seien aber auch die Muslime in der Bundesrepublik gefordert, die noch nicht so organisiert seien, "dass wir immer einen stetigen Ansprechpartner haben".
Der Staat halte sich in der Frage nach religiöser Wahrheit bisher zurück und überlasse die Antworten den Menschen und Religionsgemeinschaften, betonte Kirchhof. Dies sei zwar das "große Friedens-konzept einer Demokratie". Der Staat sei jedoch gefragt, wenn die Zahl an Muslimen in Deutschland wachse, so der Verfassungsrechtler. - Der emeritierte Heidelberger Staatsrechtler äußerte sich bei einer Veranstaltung der Eugen-Biser-Stiftung.
Der islamische Theologe Ömer Özsoy sieht Muslime in der Pflicht, wenn Religionsfreiheit mit dem Koran abgelehnt werde. Dieser schreibe nämlich keinem Menschen das Recht zu, andere für ihren Glauben oder Unglauben zur Rechenschaft zu ziehen. Zudem erklärte Özsoy, dass sich Muslime auch nicht auf den Koran berufen könnten, wenn sie für eine Vollverschleierung von Frauen einträten.
Der katholische Theologe Richard Heinzmann erinnerte bei der Veranstaltung daran, dass auch das Christentum die Bedeutung von Religionsfreiheit habe lernen müssen. Über 1.500 Jahre sei es "eine absolut antifreiheitliche Religion" gewesen, weil es auf richtige Glaubensinhalte statt auf den individuellen Glaubensakt abgezielt habe.
Auch für das mehrheitlich christliche Deutschland liegt für den emeritierten Münchner Theologen die Antwort für den Umgang mit anderen Religionsgemeinschaften nicht in einer christlichen Leitkultur. Was zu letzter zähle, lasse sich nicht pauschal beantworten, denn die Leitgebote des Christentums seien allen drei Weltreligionen zu eigen. "Wir müssen nach den gemeinsamen Grundlagen suchen und von dort aus in die Zukunft gehen, auf Basis der Grundaussagen der Religionen", forderte Heinzmann.
(KNA - plmko-89-00033)
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