SPD-Spitzen warnen vor Radikalisierung - Saudi-Arabien auch
KNA 07.12.2015
Berlin/Köln (KNA) Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) fordert ein hartes Vorgehen gegen Radikale in deutschen Moscheen. "Dieser radikale Fundamentalismus, der sich in salafistischen Moscheen ab-spielt, ist nicht minder gefährlich als der Rechtsradikalismus", sagte Gabriel der "Bild am Sonntag". Er warnte außerdem Saudi-Arabien vor einer Unterstützung des religiösen Extremismus. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte auf dem Portal welt.de vor einer Ausbreitung eines konservativen Islam in Deutschland.
Die Botschaft Saudi-Arabiens wies am Nachmittag die Kritik zurück. Das Königreich sei wie Deutsch-land daran interessiert, der Radikalisierung von jungen Menschen entgegenzuwirken, hieß es in einer Mitteilung. Saudi-Arabien sei Teil der Anti-IS-Koalition.
Aus Saudi-Arabien "werden überall in der Welt wahabitische Moscheen finanziert. Aus diesen Gemeinden kommen in Deutschland viele islamistische Gefährder", sagte Gabriel. Man sei zur Lösung regionaler Konflikte zwar auf das Land angewiesen. "Wir müssen den Saudis aber zugleich klarmachen, dass die Zeit des Wegschauens vorbei ist." Der deutsche Staat müsse eingreifen, wenn zu Gewalt und Menschenhass aufgerufen werde. "Wir müssen bei den Salafisten den gleichen Maßstab anlegen wie bei rechtsradikalen Gewalttätern."
Oppermann hält angesichts einer möglichen Finanzierung von Moscheen durch Saudi-Arabien "eine genaue Beobachtung dieser Bestrebungen durch den Verfassungsschutz" für nötig. Die Botschaft Saudi-Arabiens wies darauf hin, dass das Königreich "keinerlei Absichten verfolgt, in Deutschland 200 Moscheen zu bauen". Oppermann sagte, der Wahabismus liefere unter anderem die "komplette Ideologie" für die Terror-gruppe "Islamischer Staat" (IS) und trage auch in anderen Ländern zu einer Radikalisierung moderater Muslime bei. "So etwas brauchen und wollen wir in Deutschland nicht."
Ähnlich äußerte sich der Islamismusforscher Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik. "Eine der Ursachen der Stärke des IS ist, dass Saudi-Arabien diese Islam-Interpretation seit den 60er Jahren in der arabischen Welt, in der islamischen Welt verbreitet hat", sagte er im Deutsch-landfunk. Der Kern dieses Wahabismus und der Kern der IS-Ideologie seien "identisch". "Die Saudis werden darauf nicht gerne angesprochen."
Was im Irak und in Syrien, in Regionen, in denen der IS herrsche, passiere, sei "die logische Fortsetzung dessen, was die saudi-arabischen Wahabiten mittlerweile seit zweieinhalb Jahrhunderten predigen", erklärte Steinberg. Das Problem ließe sich nur lösen, wenn der saudi-arabische religionspolitische Einfluss in der arabischen Welt und in Europa "mit sehr drastischen Maßnahmen" zurückgedrängt werde. "Wir sollten unser Verhältnis zu Saudi-Arabien etwas überdenken. Unser Bild ist meines Erachtens so positiv, dass es nicht mehr der Realität entspricht."
(KNA - plmkq-89-00042)
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