Päpstliche Universität Gregoriana stellt einen islamischen Professor ein
Premiere für die „Gregoriana“: Zum ersten Mal hat ein islamischer Professor an einer Päpstlichen Universität einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Der Islamwissenschaftler Adnanee Mokrani promovierte an der prestigereichen Universität Zaytuna in Tunis; heute unterrichtet er Koran und Islamisches Recht an der von Jesuiten geleiteten Papst-Uni in Rom. Mokrani bildet dort in einem Team mit katholischen Theologen und Religionswissenschaftlern künftige Brückenbauer für interreligiöse und interkulturelle Verständigung aus. Der Jesuitenpater Felix Körner erklärte im Gespräch mit Stefan Kempis:
„Wir haben ja vor zehn Jahren an der Gregoriana ein Institut gegründet, an dem Muslime und Christen – und auch Mitglieder anderer Religionen – studieren können; aber sie lernen dort die anderen Religionen auch authentisch kennen, so dass wir nicht nur Jesuiten, die Fachleute für das Judentum sind, oder irgendeinen Christen hier haben, der Islamwissenschaftler ist. Stattdessen wollten wir auch die Religionen selber sprechen lassen, und so haben wir seit acht Jahren einen Dozenten hier, der in Tunesien geboren ist und dort auch ein Doktorat in Soziologie gemacht hat, später am Päpstlichen Islaminstitut Pisai hier in Rom ein zweites Doktorat gemacht hat und ein ausgezeichneter Dozent ist. Und wir sagten dann: Naja, wenn wir den immer nur als eingeladenen Gastdozenten behandeln, ist das eigentlich auf die Dauer unfair – es kann zum Profil der Gregoriana gehören, dass neben den in den Entscheidungsgremien sitzenden „stabilen“ Professoren auch ein fest angestelllter und mit einem dauerhaften Vertrag ausgestatteter Muslim, der nicht das Glaubensbekenntnis der Christen ablegen muss, sondern der seine eigene Religion fair vorstellen soll, hier zum Kollegium gehört. Das haben wir jetzt durch eine kirchenrechtliche Konstruktion, die wir „Professore aggregato“ nennen, also „der dazugehörige Professor“, geschafft!“
Nicht ganz ohne Statuten-Trickserei, oder? Denn eigentlich muss doch ein Professor an der Gregoriana das Glaubensbekenntnis sprechen – und das sollte dann doch auch, bitteschön, das christliche sein...
„Ganz genau! Zum Profil einer Päpstlichen Universität gehört es natürlich, dass der „Professor“ einer Universität auch eine „professio“, also ein Glaubensbekenntnis, des katholischen Glaubens ablegt. Aber man kann trotzdem sagen, dass im Kollegium jemand ist, der ein anderes Glaubensbekenntnis hat, der aber trotzdem hier einen dauerhaften Vertrag hat, das Vertrauen findet, dass er einen ordentlichen Unterricht bietet, der natürlich dann nicht in den Gremien sitzt, wo wir die Entscheidungen über die Zukunft der Gregoriana treffen, aber der trotzdem auf seine Weise dazugehört.“
Stichwort Reziprozität: Gibt es eigentlich in mehrheitlich islamischen Ländern an islamisch geprägten oder geformten Studieninstituten oder Unis etwas Vergleichbares? Sie selber haben in Ankara Philosophie unterrichtet...
„Hm. Ich habe zwar tatsächlich an einer staatlichen Universität ein Semester lang Philosophie unterrichten können, aber das ist in doppelter Weise auch eine Problemanzeige: Erstens die Frage, warum denn nicht Theologie? Es gibt ja auch theologische Fakultäten. Und die Antwort darauf lautet tatsächlich: Solange ich in Ankara lebte, war ich für die eigentlich sehr gesprächsbereiten theologischen Fakultäten doch immer ein bißchen unheimlich: „Der Pater, bei dem man auch konvertieren kann, der ist für uns eigentlich eher ein Dolmetscher oder Vermittler, aber kein Lehrer.“ Jetzt ist derselbe Pater – ich – aus Rom gern gesehener, eingeladener Gesprächspartner – jetzt kann ich an der theologischen Fakultät von Ankara lehren. Solange ich in Ankara gelebt habe, ging das nicht!
Zweite Geschichte: Ich habe, wie gesagt, an der Philosophischen Fakultät einer staatlichen Universität unterrichten können – aber nur ein Semester lang. Warum nur ein Semester lang? Weil sich dann das Gerücht verbreitet hatte: „Der Pater ist eigentlich gar kein Philosoph, sondern das ist ein Missionar!“ Viele Kollegen haben mir hinterher gesagt, dass ihnen das peinlich sei; dass sie meinen Unterricht kennen; dass die Studenten meinen Unterricht geschätzt haben – aber es war da so eine eigentlich nicht anti-christliche, sondern anti-religiöse Stimmung entstanden, die manchmal in der Türkei bis heute aufschwappt. Und dann konnte meine Lehrtätigkeit da nicht weitergehen.
Reziprozität hat in der Türkei insofern eine Tradition, weil ja schon in den fünfziger Jahren, als die Ankaraner theologische Fakultät der Muslime im Wachsen war, die deutsche Islam-Wissenschaftlerin evangelischer Konfession Annemarie Schimmel dort unterrichtet hat. Später ist es schwieriger geworden; jetzt sehen wir wieder durch den Austausch Gregoriana-Ankara bessere Möglichkeiten für solche Gegenseitigkeiten.“
Felix Körner SJ leitet das „Institut für Religions- und Kulturstudien“ (ISIRC) der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. (rv 04.11.2009 sk)
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