Erzbischof Tutu ruft Religionen zu gegenseitiger Toleranz auf
Tübingen (KNA) Desmond Tutu (77), südafrikanischer Friedensnobelpreisträger, hat am Montag die diesjährige Weltethos-Rede gehalten. In der Tübinger Universität forderte der Alt-Erzbischof von Kapstadt die Religionen zu gegenseitiger Toleranz auf. Keine Religion dürfe glauben, sich moralisch über eine andere erheben zu können. Dies gelte auch für das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen.
Mit Blick auf den Kampf gegen den Terrorismus warnte Tutu vor einer Dämonisierung des Islam. Zumeist sei nicht ein Glaube das Problem, sondern die Gläubigen. Es gebe gute Muslime und gute Christen, schlechte Muslime und schlechte Christen. Der Anglikaner unterstrich, ein Mensch suche sich in der Regel seine Religion nicht selbst aus, sie sei zumeist ein zufälliges Produkt seiner Herkunft. Tutu ist neben dem späteren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela die zweite Symbolfigur für den friedlichen Übergang vom Apartheid-System zur Demokratie. Der Anglikaner, der 1984 den Friedensnobelpreis erhielt, leitete den Südafrikanischen Kirchenrat und die All-Afrikanische Kirchenkonferenz.
Von Mandela wurde Tutu zum Vorsitzenden der „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ zur Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen im Apartheid-System ernannt. Damals und heute ist auch der im Apartheid-Staat verbotene und nun regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) das Ziel von Tutus Kritik.
Seit 2000 beschäftigt sich bei den Weltethos-Reden jedes Jahr ein prominenter Redner mit der Frage nach international gültigen Werten. Hinter der Weltethos-Stiftung steht der Theologe Hans Küng. Bei den Weltethos-Rednern folgte Tutu dem früheren britischen Premierminister Tony Blair, der ehemaligen UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, Ex-UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, Altkanzler Helmut Schmidt, Bundespräsident Horst Köhler und IOC-Chef Jacques Rogge. Die Frage nach einem Weltethos geht zurück auf die Schrift „Projekt Weltethos“, die Küng 1990 veröffentlichte. Es geht dem katholischen Theologen um die These, dass Religionen nur einen Beitrag zum Frieden leisten können, wenn sie sich auf das Gemeinsame im Ethos besinnen: auf einen Grundkonsens über verbindende Werte, unverrückbare Maßstäbe und persönliche Grundhaltungen. (KNA - ktkqlp-BD-1440.52SO-1)
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