Imame von deutschen Unis als Brückenbauer
Imame von deutschen Unis als Brückenbauer
Künftig Islamische Studien in Tübingen und Münster/Osnabrück
Von Karin Wollschläger (KNA 15.10.2010)
Berlin (KNA) Die Entscheidung ist gefallen: Die Universitäten Tübingen sowie in Kooperation Osnabrück und Münster bekommen die ersten Zentren für Islamische Studien. Das Bundesbildungsministerium fördert beide Standorte mit insgesamt jeweils rund vier Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Strahlend gab Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die Entscheidung am Donnerstag in Berlin bekannt - eines ihrer „Lieblingskinder“ ist damit erfolgreich auf den Weg gebracht. Und so geht die Ministerin davon aus, dass zum Wintersemester 2011/2012 die ersten Studierenden beginnen werden. Denn der zügige Aufbau der Zentren für Islamische Studien ist politisch gewollt - sowohl Schavan wie auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) drängen seit längerem darauf.
Vor diesem politischen Hintergrund überraschte der Vorschlag des Wissenschaftsrates Anfang des Jahres wenig: Das Gremium empfahl Bund und Ländern die Ausbildung von Imamen und islamischen Theologen und schlug den Aufbau von Zentren für Islamische Studien vor. Im Sommer folgten dazu zwei große Tagungen des Wissenschaftsrates in Berlin und Köln. Der Bund reagierte prompt, stellte ein Budget von 16 Millionen Euro für fünf Jahre bereit und schrieb einen Wettbewerb aus.
Bundesweit bewarben sich fünf Standorte: Tübingen, Münster, Osnabrück, Erlangen und Marburg/Gießen. Erstaunlicherweise gingen ebenfalls islamisch profilierte Kandidaten wie Berlin und Frankfurt nicht ins Rennen. Auch kein Bewerber aus Ostdeutschland war dabei.
Kriterien für die Auswahl waren unter anderem ein auf Dauer angelegtes finanzielles Engagement des Landes, ein etabliertes Fächerspektrum vor Ort, Perspektiven für standortübergreifende Kooperationen und eine tragfähige Ausgestaltung des muslimischen Beirats. Tübingen, Münster und Osnabrück verfügten bereits über eine gute Ausgangslage, um die fachlichen und organisatorischen Herausforderungen zu bewältigen, begründete Schavan die Entscheidung. Mit Münster und Osnabrück als gemeinsamem Standort solle zudem eine „Wissenschaftsregion mit großer Strahlkraft in ganz Norddeutschland“ geschaffen werden. Schavan kündigte eine zweite Auswahlrunde Anfang 2011 an. Sie gehe davon aus, dass etwa die Universität Erlangen, die jetzt bereits im Rennen war, ihr Antragskonzept soweit überarbeiten werde, dass sie einen Zuschlag bekommt. Die Bewerbung der Uni Marburg/Gießen hingegen habe die Jury nicht überzeugt.
Sowohl de Maiziere wie Schavan setzen hohe Erwartungen in die islamischen Studienzentren. „DieErfahrungen mit den katholischen und evangelischen Fakultäten zeigen, dass eine lebendige Theologie an den Universitäten sich stark auf die Selbstreflexion der Religion auswirkt“, sagte die studierte katholische Theologin Schavan. Aufgabe der neuen Fachbereiche ist einerseits die Ausbildung von muslimischen Religionslehrern und Imamen, andererseits der Aufbau islamisch-theologischer Forschung.
Die Ministerin betonte, sie wolle den Islamunterricht an möglichst vielen Schulen in Deutschland etablieren. „Die Zentren schaffen dafür die Voraussetzung, indem sie das dringend notwendige Fachpersonal ausbilden.“ Sie hoffe, dass möglichst viele Imame ihre Ausbildung in Deutschland absolvierten und als Brückenbauer in den Moscheegemeinden wirkten.
Bleibt die Frage, ob die Gemeinden diese Imame annehmen. Zwar hatte etwa der Zentralrat der Muslime deren Ausbildung an deutschen Unis begrüßt, zumal Beiräte mit islamischen Vertretern Mitspracherecht bei der Besetzung der Lehrstühle haben sollen. Doch die Türkisch-Islamische Anstalt für Religion (Ditib) lehnt eine derartige quasi säkulare Imam-Ausbildung an deutschen Hochschulen ab. Das dürfte zu Spannungen führen, auch wenn Schavan hier kein Konfliktpotential sieht. Die Ditib ist der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet. Deren Präsident Ali Bardakoglu kommt Mitte Dezember nach Berlin. Vor wenigen Wochen hatte er angekündigt, Imame, die sein Amt nach Deutschland schicke, sollten zuvor möglichst Deutsch lernen. (KNA - lklklo-BD-1201.17LI-1)
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