Kopten-Bischof Damian: Absetzung Mursis war kein Militärputsch
KNA 09.07.2013
Köln (KNA) In Ägypten hat nach den Worten des koptischen Bischofs für Deutschland, Anba Damian, kein Militärputsch stattgefunden. Vielmehr habe das Militär auf die Bitte der breiten Bevölkerungsmehrheit interveniert und Staatspräsident Mohammed Mursi und die Muslimbrüder entmachtet, sagte Damian am Dienstag vor Journalisten in Köln und verwies auf 35 Millionen friedliche Demonstranten in Ägypten. Die Absetzung Mursis sei "legitim". Er habe das Land in den Ruin geführt.
Laut Damian ist Mursi nicht "sauber" demokratisch gewählt worden; viele Stimmen von Analphabeten seien bei der Wahl im Juni 2012 mit Lebensmitteln gekauft worden. Zudem warf der Bischof dem US-Präsidenten Barak Obama vor, die Wahlwerbung der Muslimbrüder mitfinanziert zu haben. Unter dem Deckmantel des Islam hätten sie eine korrupte Herrschaft errichtet und das Land islamistisch radikalisiert. Die koptischen Christen seien als marginale Gruppe behandelt und bedroht worden. Christen und gemäßigte Muslime müssten sich jetzt gemeinsam für eine "Revitalisierung" des Landes einsetzen.
Der Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Martin Lessenthin, appellierte an die Bundesregierung, einer ägyptischen Übergangsregierung Hilfe anzubieten. Das Land sei tief gespalten. Nur wenn eine Übergangsregierung und eine Verfassungskommission alle Gruppen berücksichtige, gebe es eine Chance für einen Neuanfang und sei eine "Talibanisierung" Ägyptens abzuwenden.
Lessenthin kritisierte Fehler der Bundesregierung im Umgang mit Mursi. Dessen Empfang als Staatsgast in Deutschland Ende Januar sei eine "Ohrfeige" für die ägyptische Demokratiebewegung gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt habe Mursi schon die Kontrolle über sämtliche Institutionen Ägyptens an sich gerissen.
Die ägyptische Frauenrechtlerin Liliane Basta betonte, dass sich unter Mursi die Situation für Frauen stark verschlechtert habe und die Gleichberechtigung von Mann und Frau infrage gestellt worden sei. So hätten die Muslimbrüder und Salafisten im Sinne der Scharia dem Ehemann gesetzlich das Recht zuerkennen wollen, seine Ehefrau zu schlagen. Frauen hätten nicht mehr berufstätig sein und nur noch zu Hause bleiben sollen. Mädchen hätten bereits mit 8 Jahren verheiratet werden können. Zudem setzten sich die Muslimbrüder für die Genitalverstümmelung von Frauen ein.
(KNA - nkrkt-89-00070)
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