Zollitsch: Luftschlag wäre große Gefahr für syrische Christen

KNA 16.09.2013
Berlin (KNA) Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, betrachtet einen möglichen Luftangriff auf Syrien als große Gefahr für die christliche Minderheit. Ähnlich wie im Irak könne ein Militärschlag "dazu führen, dass besonders an den Christen Rache genommen wird, obwohl sie gar nicht Bürgerkriegs-Partei sind", sagte Zollitsch der "Bild am Sonntag". Von etwa einer Million Christen im Irak sei heute noch die Hälfte dort. Er äußerte den Wunsch, dass Deutschland "deutlich mehr als 5.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen sollte". Auch Europa müsse sich mehr engagieren.
Syriens Machthaber Baschar al-Assad sei "ein harter Diktator", fügte Zollitsch hinzu. Er habe aber auch "für die einzelnen Religionsgemeinschaften im Lande ein Stück Rechtssicherheit geschaffen". Jetzt verschärfe sich die Situation für die Christen. "Sie werden umgebracht. Zwei orthodoxe Bischöfe sind entführt worden. Wir wissen immer noch nicht, wo sie sind." Der Freiburger Erzbischof äußerte die Befürchtung, dass nach Assad die radikalen Islamisten an die Macht kommen – vergleichbar mit den Entwicklungen in Ägypten.
Besorgt zeigte sich Zollitsch auch über die Lage der Christen in Ägypten und der Türkei. In Ägypten habe der gestürzte Präsident Mohammed Mursi eine islamistisch geprägte Verfassung auf der Grundlage der Scharia durchgesetzt. "Plötzlich waren die Christen eine Minderheit, deren Rechte kaum noch beachtet wurden. Aus Angst vor der Rache der Mursi-Anhänger verlassen jetzt viele Christen Ägypten." In der Türkei gibt es nach Auffassung des Erzbischofs weiterhin keine wirkliche Religionsfreiheit. "Die Christen sind als Minderheit nur geduldet." Das Land könne nur in die EU kommen, wenn es dort auch wirkliche Religionsfreiheit gebe.
In der Debatte um die Aufnahme syrischer Flüchtlinge sagte der Erzbischof: "Wir möchten, dass die Christen in Syrien bleiben und dort auch eine Zukunft haben." Die katholischen Hilfswerke hätten in Syrien für diese Hilfe bereits 13 Millionen Euro investiert. Zudem werde syrischen Flüchtlingen in den Lagern in Jordanien und im Libanon geholfen. Auf die Frage, ob Deutschland insbesondere christliche Flüchtlinge aufnehmen solle, sagte Zollitsch, Schutz und Zuflucht stünden allen Flüchtlingen zu. "Die Auswahl erfolgt anhand der Frage, wer besonders stark verfolgt wird. Oft sind es gerade die Christen."
(KNA - nktlp-89-00006)

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