EU-Parlamentspräsident: Türkischer Regierung fehlt Respekt
KNA 26.06.2013
Brüssel (KNA) Der Umgang der türkischen Regierung mit den Protesten im Land enttäuscht EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). "Erdogan respektiert säkulare Lebensformen immer weniger. Und auch die europäische Ausrichtung der Regierung darf bezweifelt werden", sagte Schulz der "Welt" (Donnerstag). Er sehe eine schwindende Bereitschaft seitens der Türkei, den Beitrittsprozess ernsthaft voranzutreiben. Die dritte Amtszeit des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan sei gezeichnet von Rückschritten. Erdogan brauche die klare Botschaft, dass die Türkei sich den Standards der EU anpassen müsse.
Zwar haben die EU-Außenminister zu Beginn der Woche nach drei Jahren Pause die Öffnung eines neuen Verhandlungskapitels beschlossen. Schulz äußerte allerdings Zweifel daran, ob am Ende des Prozesses wirklich der Beitritt stehen wird. "Wir führen seit Jahren Verhandlungen mit der Türkei, ohne dass sich die Mitgliedsstaaten darauf verständigt hätten, ob sie die Türkei tatsächlich wollen", sagte Schulz weiter. An die Adresse der europäischen Staats- und Regierungschefs richtete er deshalb die Aufforderung: "Ihr könnt nicht permanent Verhandlungen führen, wenn ihr sie eigentlich nicht wollt."
Auch der ehemalige EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) zeigte sich skeptisch mit Blick auf eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union. "Die EU ist politisch, kulturell, finanziell und geografisch überfordert, die Türkei als Mitglied aufzunehmen", sagte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung der "Welt" (Mittwoch). Der Türkei seien Beitrittsverhandlungen versprochen worden, dennoch dürfe es keinen Automatismus für einen Beitritt geben. "Am Ende kann auch ein Nein stehen", sagte Pöttering. Angesichts der nicht zu akzeptierenden Härte, mit der etwa die türkische Polizei gegen die eigene Bevölkerung vorgehe, sei die Rhetorik der Politik "völlig unangemessen". Die Eröffnung eines weiteren Kapitels sei jetzt ein falsches Signal.
(KNA - nkqmq-89-00048)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.