Seelsorger in Ägypten: Christen brauchen Rückhalt aus dem Westen
KNA 05.11.2013
Berlin (KNA) Christen in Ägypten brauchen aus Sicht des Seelsorgers der deutschsprachigen Katholiken im Nahen Osten, Joachim Schroedel, den Rückhalt aus Europa. "Die Christen in Ägypten befinden sich in der Minderheit und brauchen Kraft von außen, aus Amerika und aus Europa", sagte Schroedel im Interview mit der Tageszeitung "Welt" (Dienstag). Die Ägypter, von denen die Hälfte nicht lesen und schreiben könne, würden oft beeinflusst von muslimischen Scheichs und religiösen Fanatikern und ließen sich leicht davon überzeugen, dass die Christen Schuld am Sturz von Ex-Präsident Mohammed Mursi seien.
Besonders viele Ausschreitungen habe es unmittelbar nach der Räumung des Lagers von Mursi-Anhängern im Sommer gegeben. Damals sei es zu mehr als 200 Überfällen auf Christen gekommen. "Ich denke, das waren wütende Gegenreaktionen darauf, dass das Militär Hunderte Muslime getötet hatte", so Schroedel. "Wie ein waidwund geschossenes Tier, das um sich schlägt." Dennoch gebe es im Alltag wieder mehr Möglichkeiten für Dialog. "Für das Gros der Ägypter war die Herrschaft der Islamisten unter Mursi eine schwarze, dunkle Wolke", so der Seelsorger.
Schroedel arbeitet seit 1995 als Seelsorger für etwa 15.000 deutschsprachige Katholiken in Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien und Äthiopien. Den Nahen Osten mit christlich-westlichen Augen zu begreifen, sei nicht immer leicht, sagte er. "Hier ist ein irdisches Leben nicht ganz so viel Wert wie bei uns in Europa". In Anbetracht der großen Bevölkerungszahl würden einige Hundert Tote von der Mehrheit der Ägypter in Kauf genommen.
(KNA - nllkp-89-00016)
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