Streit zwischen Islamexpertin und Zentralrat der Muslime
KNA 19.08.2013
Bonn (KNA) Die Bonner Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher hat den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) aufgefordert, "rufschädigende" Äußerungen zurückzunehmen und sich bei ihr zu entschuldigen. Mehrere in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gemachten Aussagen Aiman Mazyeks seien unzutreffend und herabsetzend. In dem am Sonntag veröffentlichten Schreiben Schirrmachers heißt es: "Gerade einem Mann wie Ihnen, der sich unermüdlich für den Abbau von Feindbildern einsetzt (...) und der sich beständig und sehr entschieden wehrt gegen falsche Unterstellungen gegen Muslime, (...) müsste nichts wichtiger sein als bei der Wahrheit und den Fakten zu bleiben."
Mit Blick auf die habilitierte Islamwissenschaftlerin hatte Mazyek vor wenigen Tagen in dem Interview gesagt, es gehöre zum Geschäft "mancher sogenannter Islamexperten, dass sie einer fundamentalistischen Lesart" des Islam stets das Wort redeten. Demgegenüber betont Schirrmacher, sich unermüdlich für eine differenzierte Lesart des Islam einzusetzen, die zwischen den einzelnen Strömungen klar unterscheide. Diese Arbeit dürfte "wohl kaum mit Ihrem Feindbild" in Einklang zu bringen zu sein, heißt es in dem an Mazyek gerichteten Schreiben.
Unter Verweis auf ihr aktuelles Buch zum Thema Islam und Demokratie betont Schirrmacher, das Werk enthalte nichts von dem, was der ZMD-Vorsitzende ihr unterstelle. Wörtlich fügt sie hinzu: "Ihre sehr allgemein gehaltene Argumentation, dass der Islam mit den Prinzipien der Demokratie nicht in Konflikt stände, kann allerdings doch leicht die Tatsache verdecken, dass im internationalen Bereich in den wenigsten islamisch geprägten Ländern bisher Demokratien etabliert werden konnten und die islamische Theologie hier großen Nachholbedarf in der Diskussion hat."
In dem KNA-Interview hatte Mazyek auch die militärische Absetzung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi kritisiert: "Ein Putsch ist das Gegenteil von Demokratie." Die arabischen Länder müssten die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln: "Die Demokratie in Europa ist ja auch nicht vom Himmel gefallen", so der ZMD-Vorsitzende, der sich gegen Bezeichnungen wie "politischer Islam" oder "Islamismus" wandte. Dies seien "Kampfbegriffe" und "das Werk von Propagandisten und Ideologen".
Der ZMD-Vorsitzende kritisierte aber auch die Muslimbruderschaft in Ägypten. Sie hätte direkt nach der Wahl eine Einheitsregierung aufstellen müssen. Die Muslimbrüder seien "politisch unerfahrene Frischlinge" und völlig abhängig vom alten Staatsapparat gewesen.
(KNA - nksls-89-00034)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.