Forscher: Politischer Islam bleibt wichtige Kraft in Ägypten
KNA 09.07.2013
Berlin (KNA) Der Berliner Islamwissenschaftler Guido Steinberg sieht den politischen Islam in Ägypten weiterhin als wichtige politische Kraft. Die Muslimbruderschaft habe nach dem Sturz Mohammed Mursis nur kurzfristig verloren, sagte der Experte für den Nahen und Mittleren Osten bei der Stiftung Wissenschaft und Politik am Dienstag im DeutschlandRadio Kultur. Sie werde "auch in jeder denkbaren Konstellation, und sei es in der Opposition, eine ganz wichtige Rolle spielen". Dies gelte auch für andere arabische Länder wie Syrien, Libyen oder Tunesien.
Von einem Schulterschluss der Muslimbruderschaft mit den Salafisten sei in Ägypten, trotz einer ideologischen Nähe, nicht auszugehen, fügte der Wissenschaftler hinzu. Die Salafisten hätten sich mit ihrer Partei als "politisch sehr viel reifer" erwiesen als die Muslimbruderschaft - deshalb sei durchaus auch mit Konflikten zwischen beiden Strömungen zu rechnen. Jedoch seien die Salafisten derzeit insgesamt als politische Kraft weniger ernst zu nehmen als die Muslimbrüder.
Generell sei nicht der Islamismus dieser Strömungen das Problem, "sondern ihr Autoritarismus, denn sie haben ja ein modernes politisches System nie kennengelernt." So sei auch in Ägypten nicht die zunehmende Islamisierung durch Mursi das Problem gewesen - "das hat Mubarak schon vor ihm begonnen" -, sondern die Tatsache, dass dessen Partei eine autoritäre Herrschaft habe aufbauen wollen. Kritik übte Steinberg an den westlichen Staaten. Aus den aktuellen Reaktionen auf den Militärputsch sei zu beobachten, dass Autoritarismus offenbar für die USA und etliche europäische Länder "leider, leider kein Problem darstellt".
(KNA - nkrkt-89-00030)
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