Streit ums Schächten: Polens Oberrabbiner droht mit Rücktritt
KNA 15.07.2013
Warschau (KNA) Nach dem Nein des polnischen Parlaments zur Wiederzulassung des Schächtens denkt Polens Oberrabbiner Michael Schudrich an Rücktritt. "Wenn die Rechtmäßigkeit des rituellen Schlachtens nicht in Übereinstimmung mit dem Gesetz wiederhergestellt wird, werde ich mich gezwungen sehen, auf mein Amt zu verzichten", kündigte Schudrich am Sonntagabend über das Internet mit. Das sei keine Drohung, sondern eine "selbstverständliche Tatsache". Er könne nicht Oberrabbiner in einem Land sein, in dem es keine vollkommene Freiheit für seine Religion gebe, sagte der jüdische Geistliche dem Sender "Radio Zet". Das Parlamentsvotum vom Freitag kritisierte er als den "schlimmsten Tag" für die Juden in Polen seit den 1930er Jahren. Die Abgeordneten hätten auf der Grundlage von Lügen entschieden. In Polen werde rituelles Schlachten "dämonisiert".
Ein Regierungsentwurf zur Wiedereinführung des Schächtens war am Freitag mit 178 gegen 222 Stimmen in Parlament gescheitert. Auch 38 Abgeordnete der rechtsliberalen Partei von Ministerpräsident Donald Tusk stimmten gegen das geplante Gesetz. Laut einem Urteil des Verfassungsgerichts sind solche Schlachtungen seit Januar verboten. Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass die entsprechende Verordnung gegen das Tierschutzgesetz verstoße. Polen hatte vor dem Schächtverbot einen Großteil des koscheren und Halal-Fleisches nach Israel und in die Türkei exportiert. Nach Regierungsangaben wurde mit der im Islam und Judentum vorgeschriebenen Schlachtmethode zuletzt Fleisch im Wert von 300 Millionen Euro produziert.
(KNA - nkrlp-89-00043)
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