Einzigartiges Projekt von Christen, Juden und Muslimen
KNA 27.09.2013
Von Bettina Nöth (KNA)
Hamburg (KNA) Welche Rolle spielt die Musik in den drei abrahamitischen Religionen? Warum gibt es im Judentum und im Islam Speisevorschriften? Welche Bedeutung hat die Farbe Schwarz für Juden, Christen und Muslime? - Solche Fragen diskutieren Religionsvertreter anhand von Gemälden in der Hamburger Kunsthalle. Seit 2010 findet die Veranstaltungsreihe "Kunst im interreligiösen Dialog" statt - nach Angaben der Veranstalter bislang einzigartig in Deutschland. Zwölf dieser Gespräche erscheinen nun als Buch. Am Sonntag um 11.00 Uhr wird es im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Hamburgs größtem Kunstmuseum vorgestellt.
Vor dem spätgotischen Marienbild drängen sich rund 40 Besucher. Sie recken die Hälse, um die "Maria im Ährenkleid" (um 1485) des norddeutschen Malers Hinrik Funhof zu sehen - und die drei Redner. Die Imamin an der Moschee zur Schönen Aussicht in Hamburg, Halima Krausen, Roy Naor vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hamburg und der Theologe und Studienleiter der Katholischen Akademie Hamburg, Hans-Gerd Schwandt, sprechen an diesem Abend in der Kunsthalle über das Gebet in ihrer Religion.
Das ausgewählte Bild zeigt Maria als betende junge Frau mit Heiligenschein. Ihr zu Füßen kniet die Stifterin des Bildes. Neben der Gottesmutter schwebt ein Rosenkranz. Schwandt erklärt, dass Katholiken Heilige und speziell Maria als Mittler und Vorbilder sehen, diese aber nicht anbeten. Naor wirft ein, dass Juden nur das direkte Gebet zu Gott kennen. In der Gruppe werde das Gebet jedoch verstärkt. Die Imamin berichtet, dass aus Sicht ihrer Religion ein Gebet nicht Gottes Beschluss ändern könne, sondern höchstens den Betenden. Krausen, Schwandt und Naor sprechen über die wichtigsten Gebete der drei Religionen. Im Judentum ist es das "Höre Israel", das auch in den Gebetsriemen steckt, den sich Juden an Arm und Kopf anlegen, erfahren die Besucher. Über die Rosenkranzabbildung kommt das Gespräch auf rituelle Gebetsformen. Und - ähnlich dem Rosenkranz - kennt auch der Islam eine Gebetsschnur mit 99 Perlen, die dem wiederholten Anruf Gottes dient, erklärt Krausen.
Moderatorin und Initiatorin dieses Austauschs im Museum, der in Kooperation mit der Hamburger Akademie der Weltreligionen stattfindet, ist die Kunsthistorikerin Marion Koch. Im Museum als öffentlichem Ort könnten die Religionen einen "Dialog auf Augenhöhe" führen, so die freie Mitarbeiterin der Kunsthalle. Zudem biete die Veranstaltung Muslimen die Gelegenheit, das Museum als Ort ihrer eigenen Geschichte zu entdecken. Auch wenn die meisten Bilder in einem christlichen Kontext entstanden seien, griffen Maler zuweilen muslimische Traditionen auf, zeigten Muslime beim Gebet oder Minarette, wie auf dem Gemälde von Jean Leon Gerome "Das Gebet" (1865), das zweite Bild, das an diesem Abend zum Gespräch anregt.
An der Veranstaltung beteiligten sich bislang auch schon Vertreter von Buddhismus und Hinduismus, berichtet Koch. Erstaunlich sei, wie viele Gemeinsamkeiten zwischen den Weltreligionen bei den Gesprächen zutage kämen, so die Kunsthistorikerin. Dabei würden auch Themen, die in der Gesellschaft umstritten seien, aufgegriffen, darunter das Urteil zur Beschneidung jüdischer Jungen oder der Bau von Kirchen und Moscheen.
Unter dem Titel "Auf Augenhöhe. Interreligiöse Gespräche über Kunst" gibt die Kunsthistorikerin nun zwölf dieser Dialoge heraus. Und die nächsten Gespräche im Museum sind schon geplant. Am 24. Oktober geht es um 19.00 Uhr im Rahmen der Werkschau des US-amerikanischen Künstlers Ronald Brooks Kitaj (1932-2007) um die Suche nach der (religiösen) Identität. Am 5. Dezember um 19.00 Uhr stehen religiöse Opfer und ihre Darstellung in der Kunst im Mittelpunkt des interreligiösen Dialogs im Museum.
(KNA - nktmr-89-00079)
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