Vier Hochschulen haben "Zentren für Islamische Studien"
KNA 19.06.2013
Von Christoph Arens (KNA)
Bonn (KNA) Der Islam hat mittlerweile einen festen Platz an deutschen Hochschulen. Der Aufbau einer deutschsprachigen islamischen Theologie kommt voran. Am Mittwoch wurde in Frankfurt das von den Universitäten Frankfurt und Gießen begründete Zentrum für Islamische Studien eröffnet. Es vereint Professuren für Koran-Auslegung, für Islamische Ideengeschichte und für Kultur und Gesellschaft des Islam. Ähnliche Zentren gibt es seit kurzem an den Universitäten Tübingen, Münster/Osnabrück und Erlangen/Nürnberg.
Für die von einem Gutachtergremium ausgewählten vier Zentren hat das Bundesbildungsministerium insgesamt rund 20 Millionen Euro an Fördermitteln, verteilt auf fünf Jahre, bereitgestellt. Als erstes nahm die Universität Tübingen im Oktober 2011 den Lehrbetrieb auf. Münster/Osnabrück und Frankfurt/Gießen folgten IM Wintersemester 2011/12, die Universität Erlangen-Nürnberg im Oktober 2012. An allen vier Zentren werden künftig islamisch-theologische Nachwuchswissenschaftler, in der Sozial- und Gemeindearbeit tätige Personen, Religionslehrer sowie Religionsgelehrte unter anderem für Moscheen ausgebildet.
Den Impuls für die Gründung der Zentren hatte der Wissenschaftsrat 2010 gegeben. "Der moderne säkulare Rechtsstaat hat ein vitales Interesse daran, religiöse Orientierungen seiner Bürger für die Stabilität und Weiterentwicklung des Gemeinwesens fruchtbar zu machen", so begründete das Beratergremium damals das Konzept. Auch die deutsche Wissenschaft müsse auf die anhaltende Bedeutung und die wachsende Pluralisierung des Religiösen reagieren. Einzelprofessuren reichten dabei nicht. Daher sollten an mehreren Standorten größere Organisationseinheiten für Islamische Studien aufgebaut werden.
Zwei Ziele verfolgen Wissenschaftsrat und Bundesregierung mit der Einrichtung einer deutschen Islamwissenschaft: einerseits eine bekenntnisneutrale religionswissenschaftliche Auseinandersetzung mit allen Formen des Religiösen. Andererseits aber tue es auch den Religionen selbst gut, wissenschaftlich über sich selbst zu reflektieren und sich mit der Moderne auseinanderzusetzen, so formulierte es die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Den Islamwissenschaften gab der Wissenschaftsrat auf, einen engen Kontakt zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen und den christlichen theologischen Fakultäten zu suchen.
Das Bundesbildungsministerium wertet den Aufbau der Islamwissenschaften auch als "Teil einer zeitgemäßen Integrationspolitik". In Deutschland leben etwa 4 Millionen Muslime. Sie bilden die nach katholischen und evangelischen Christen drittgrößte religiöse Gruppe. Laut dem Ministerium werden im Fall der flächendeckenden Einführung islamischen Religionsunterrichts bundesweit rund 2.000 Lehrer für rund 700.000 muslimische Schüler benötigt. Auch die Moscheegemeinden sind auf gut ausgebildete und des Deutschen mächtige Religionsgelehrte angewiesen: Bislang entsandte die türkische Regierung jeweils rund 100 von ihnen für etwa vier Jahre nach Deutschland und besoldete sie. Häufig kannten sie sich jedoch mit der Lebenswirklichkeit in Deutschland kaum aus.
Ausdrücklich forderte deshalb der Wissenschaftsrat, Islamstudien und Forschung sowie die "fundierte Ausbildung von Religionsgelehrten" an deutschen staatlichen Hochschulen vorzunehmen - und nicht Privateinrichtungen zu überlassen. Um die dazu erforderliche Zusammenarbeit zwischen Staat und muslimischer Glaubensgemeinschaft zu garantieren, schlug der Wissenschaftsrat vor, an den Hochschulen theologisch kompetente Beiräte für Islamische Studien einzurichten, die auch über die Berufung von Professoren und die Lehrinhalte mitentscheiden sollen - eine Forderung, deren Ausgestaltung bis zuletzt umstritten war. Wie vermint das Gelände sein kann, hatte sich 2008 in Münster gezeigt. Der an der dortigen Uni lehrende Islamtheologe Muhammad Sven Kalisch äußerte Zweifel, ob Mohammed wirklich gelebt habe - und galt Islamverbänden fortan als Frevler.
(KNA - nkqlt-89-00079)
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