Islamische Theologie in Münster funktioniert auch ohne Beirat
KNA 18.07.2013
Von Johannes Schönwälder (KNA)
Münster (KNA) Es zieht sich hin. Auch Eindreivierteljahre nach seiner Gründung gibt es am Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) in Münster keinen funktionierenden Beirat. Zentrumsleiter Mouhanad Khorchide bittet noch um etwas Geduld. Die Verhandlungen seien auf einem guten Weg. Bis zum Beginn des Wintersemesters im Herbst könne ein Ergebnis vorliegen.
Ganz sicher ist dieses Datum jedoch nicht, da es auch im vergangenen Jahr bereits so aussah, als würde die endgültige Besetzung direkt bevorstehen. Mittlerweile wurden laut Khorchide jedoch wichtige Streitpunkte beigelegt, und der Koordinationsrat der Muslime (KRM) habe signalisiert, in Kürze einen entsprechenden Vertreter zu benennen. Die Konstituierung des Gremiums, das zur Bestimmung von Professuren und Studieninhalten gebraucht wird, ist ein Politikum. Acht Mitglieder soll der Beirat haben. Je eines soll von den vier Islamverbänden kommen, die im KRM organisiert sind. Darunter ist auch der Islamrat, dessen Mitgliedsorganisation Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) wegen möglicher islamistischer Tendenzen vom Bundesverfassungsschutz beobachtet wird. Deshalb ist das Bundesforschungsministerium gegen eine Beteiligung.
Derweil muss das ZIT funktionieren und tut das auch. Das Fehlen des Beirats hat nur zur Folge, dass zwei der fünf angestrebten Professorenstellen lediglich in Vertretung besetzt sind. 200 Studierende sind zurzeit eingeschrieben, wie Khorchide erläutert. Die Hälfte davon studiert Islamische Theologie, um später in der Wissenschaft oder als Imam tätig zu sein. Die andere Hälfte studiert Islamische Religionslehre, also das Lehramtsstudium. Ab 2017/18, so die Hoffnung der Verantwortlichen, werden jährlich etwa 100 ausgebildete Lehrer aus Münster an die Schulen streben.
Das ist auch dringend erforderlich. Nach Statistiken leben rund 320.000 Schüler muslimischen Glaubens in NRW. 900 neue Lehrer werden benötigt, um flächendeckend Islamischen Religionsunterricht anbieten zu können. Dessen schrittweise Einführung hatte die nordrhein-westfälische Landesregierung zum vergangenen Schuljahresbeginn beschlossen. Derzeit wird er lediglich an 33 der landesweit 3.068 Grundschulen in deutscher Sprache erteilt. Und zwar größtenteils von den Lehrkräften, die seit 1999 das Fach Islamkunde unterrichten. Die haben einen zweisemestrigen Zertifizierungskurs absolviert. Kein Vergleich mit den Absolventen, die nach fünf Jahren Bachelor- und Masterstudium ab 2017/18 das ZIT verlassen werden, wie Khorchide findet.
Für die Lehrpläne und den Einsatz von Lehrmaterialien an Schulen gibt es beim NRW-Schulministerium übrigens einen weiteren Beirat. Hier ist die Mitwirkung des umstrittenen Islamrats anscheinend kein Problem. Grund ist, dass, anders als der Verfassungsschutz des Bundes, der nordrhein-westfälische Landesverfassungsschutz diese Organisation nicht beobachtet, wie es hieß.
Für die Einsetzung des Beirats am Schulministerium hatte das Land 2011 ein Sondergesetz verabschiedet, das die Laufzeit auf sechs Jahre begrenzt. Denn eigentlich bedarf es beim bekenntnisorientierten Religionsunterricht der Mitwirkung einer anerkannten Religionsgemeinschaft, wie es die großen Kirchen als Körperschaften öffentlichen Rechts sind. Eine solche offizielle Vertretung der Muslime gibt es aber noch nicht.
Khorchide hofft jedoch auf eine neue Lösung zum Ende des Behelfskonstrukts 2017. Lediglich etwa 20 Prozent der Muslime würden durch die Islamverbände vertreten. Er wünsche sich deshalb eine stärkere Organisiertheit der übrigen 80 Prozent. Jedoch sollte man alle Verbände mit ins Boot holen, damit allen die Chance auf gesellschaftliche Entwicklung gegeben werde. Vielleicht könne auch aus dem neuen Runden Tisch in NRW mit Vertretern der Muslime und der Landesregierung, der im Herbst aufgebaut werden soll, am Ende die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft stehen.
(KNA - nkrls-89-00127)
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