Sultan-Selim-Brücke brüskiert türkische Aleviten
KNA 31.05.2013
Istanbul (KNA) Vertreter der rund 15 Millionen Aleviten in der Türkei haben die Entscheidung der Regierung kritisiert, die neue Bosporus-Brücke nach dem Osmanen-Sultan Selim I. 1470-1520) zu benennen. Selim war als strenggläubiger Sunnit brutal gegen die muslimische Minderheit der Aleviten vorgegangen, die dem schiitischen Islam verwandt ist. "Selim ist ein Aleviten-Mörder", sagte Aleviten-Vertreter Selahattin Özel der Zeitung "Cumhuriyet" (Freitag).
Özel, Vorsitzender des Verbandes "Alevi Bektasi Federasyonu", warf der Regierungspartei AKP vor, Aleviten assimilieren und einschüchtern zu wollen. Andere Funktionäre alevitischer Verbände äußerten sich ähnlich. Laut "Cumhuriyet" wollen alevitische Gruppen bei Protestdemonstrationen die Namensgebung anprangern.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül hatten am Mittwoch den Grundstein für die neue Bosporus-Brücke gelegt, die 2015 fertig sein soll. Ihr Namensgeber Sultan Selim I. war im Westen als "der Grimmige" bekannt. Als strenggläubiger Sunnit bekämpfte er die Schiiten im Iran sowie die Aleviten in Anatolien. Der alevitische Glaube unterscheidet sich deutlich vom orthodoxen sunnitischen Islam.
Erdogans Regierung lehnt die Einstufung der Aleviten als Anhänger einer eigenen Glaubensrichtung ab. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Gotteshäuser der Aleviten keine staatlichen Hilfen erhalten, weil die Gläubigen nach offizieller Lesart in die - sunnitischen - Moscheen gehen können. Politisch unterstützen viele Aleviten die Oppositionspartei CHP, Hauptkonkurrentin von Erdogans AKP.
(KNA - nkpnl-89-00041)
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