Erster Kanton in der Schweiz stimmt für Burka-Verbot
KNA 23.09.2013
Lugano (KNA) Als erster Kanton in der Schweiz hat sich das Tessin für ein "Burka-Verbot" ausgesprochen. Rund 65 Prozent der Wählerstimmen konnte am Sonntag eine entsprechende Initiative des Journalisten Giorgio Ghiringhelli auf sich vereinen, die das Tragen des muslimischen Ganzkörperschleiers für Frauen verbieten will. Die Kantonsverfassung soll dem Vorstoß zufolge um folgenden Zusatz erweitert werden: "Niemand darf sein Gesicht auf öffentlichen Straßen und Plätzen verhüllen oder verbergen. Niemand darf eine andere Person aufgrund ihres Geschlechts dazu zwingen, ihr Gesicht zu verhüllen."
Zwar werden weder die Burka noch der ebenfalls als Ganzkörperschleier genutzte Nikab erwähnt. Aber unter den Verfechtern der Initiative finden sich Berichten zufolge viele Islam-Kritiker. Ghiringhelli selbst hatte von einem "vorbeugenden Charakter" gesprochen, zugleich aber eingeräumt, dass es im ganzen Kanton kaum eine Frau gebe, die solche Kleidungsstücke trage.
Das Tessiner Parlament hatte Ghiringellis Initiative im April abgelehnt und einen eigenen Vorschlag zur Abstimmung vorgelegt. Dieser sah statt einer Verfassungs- eine Gesetzesänderung vor, die darauf abzielte, Gesichtsbedeckungen in der Öffentlichkeit zu verbieten - auch bei Demonstrationen und Sportveranstaltungen. Ausnahmen sollten Helme für Motorradfahrer, Staubfilter für Arbeiter oder Masken zur Fasnacht sein. Nicht aufgenommen wurde das Verbot, jemanden wegen seines Geschlechts zur Verhüllung zwingen zu können. Dieser Vorschlag fand zwar auch eine Mehrheit, unterlag aber in der sogenannten Stichfrage der Initiative Ghiringhellis. Die Wahlbeteiligung lag bei 46 Prozent.
Amnesty International sprach von einem "traurigen Tag für die Menschenrechte". Der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) sah in dem Abstimmungsergebnis den "Ausdruck einer zunehmend breitangelegten gesellschaftlichen Islamophobie". Es handle sich um einen Versuch, Muslimen das Leben in der Schweiz "zunehmend unangenehm zu gestalten und islamische Elemente aus dem öffentlichen Raum zu verbannen". Gleichzeitig deutete der IZRS Zweifel an der Umsetzbarkeit von Ghiringhellis Initiative an. Um das Burka-Verbot in der Kantonsverfassung zu verankern, ist die Zustimmung der Schweizer Bundesversammlung erforderlich. Er erwarte, dass es in der Schweiz künftig weitere solcher Initiativen geben werde, zitierte die "Basler Zeitung" den Politologen Anton Schaller. Zuletzt sorgte 2009 eine Anti-Minarett-Initiative international für Schlagzeilen.
(KNA - nktmm-89-00074)
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