Unklarer Kampf gegen den Boko-Haram-Terrorismus in Nigeria
KNA 07.06.2013
Von Katrin Gänsler (KNA)
Abuja (KNA) In Nigeria dauert die Diskussion um die Islamisten von Boko Haram an - aber sie wird nicht klarer. Seit dieser Woche sind die Gruppierung sowie deren Schwesterorganisation Ansaru zwar verboten. Der Ausnahmezustand in den drei nördlichen Bundesstaaten Yobe, Borno und Adamawa hat nach wie vor Bestand. Trotzdem wird diskutiert, ob ein Dialog und sogar eine Amnestie nach wie vor möglich wären. Schließlich werden massive Verbote und Militäreinsatz von Kritikern nur als eines bewertet: als Kosmetik.
Nun schlagen der nigerianische Staatssicherheitsdienst und die Armee Alarm. Nach Informationen der Tageszeitung "The Punch" (Freitag) halten sie die Terrorismusbekämpfung für wenig effektiv. Die verschiedenen Dienste, die damit beschäftigt seien, arbeiteten nicht ausreichend zusammen. Viele Aufgaben, so argumentieren sie, überlappten sich. Jeder habe Angst, Bereiche abzugeben.
In eine ähnliche Kerbe schlug tags zuvor auch der Sprecher des Repräsentantenhauses. Grundlegende Probleme in Nigeria wie Massenarbeitslosigkeit und Armut würden nicht bekämpft, so Aminu Tambuwal. Daher seien die Bemühungen, die grassierende Unsicherheit im Land zu bekämpfen, lediglich Kosmetik der Missstände.
Staatspräsident Goodluck Jonathan erklärte in dieser Woche Boko Haram sowie deren - bis Jahresbeginn so gut wie unbekannte - Schwesterorganisation Ansaru zu verbotenen Organisationen. Wer sie unterstützt oder mit ihnen zusammenarbeitet, muss mit mindestens 20 Jahren Haft rechnen.
Die US-Regierung in Washington setzte zudem ein Kopfgeld auf mehrere Islamisten-Führer in Westafrika aus. Mit sieben Millionen US-Dollar (Tageskurs 5,3 Millionen Euro) ist das von Boko-Haram-Anführer Abubakar Shekau am höchsten dotiert.
Dritte Maßnahme ist der seit Mitte Mai anhaltende Ausnahmezustand in den drei Nordbundesstaaten. Kurz nach Beginn verkündete die Regierung die ersten Erfolge im Kampf gegen Boko Haram. Mittlerweile häufen sich jedoch Berichte, dass die Bevölkerung zunehmend verängstigt sei und Menschen in die angrenzenden Nachbarländer Niger und Kamerun zu fliehen versuchten. Auch die Versorgungslage verschlechtert sich angeblich.
"Die Regierung hat ihre eigenen Wege im Kampf gegen Boko Haram", sagt der katholische Priester George Ehusani, der die Stiftung "Lux Terra" leitet. Dazu gehöre die Verhängung des Ausnahmezustands. Mit diesem Schritt befürchtet der Geistliche jedoch, "dass die Boko-Haram-Anhänger nun die drei betroffenen Staaten verlassen und sich in anderen Regionen niederlassen". Dass das durchaus möglich ist, zeigen die jüngsten Entwicklungen in Mali. Nachdem dort die Terroristen zwar offiziell als aus dem Norden vertrieben galten, mehrten sich Anschläge in Nigeria. In Mali kam es zudem zu einem Doppelanschlag mit mehr als 20 Toten.
Genau dort liegt für Ehusani auch der Ansatz zur Bekämpfung des Problems: "Wir können es nicht mehr allein auf die Armut im Norden schieben." Radikale Tendenzen, gerade unter jungen Muslimen, fielen in vielen afrikanischen Ländern, etwa auch in Tansania und Kenia, auf fruchtbaren Boden. "Wir müssen dafür sorgen, dass junge Leute nicht anfällig für solche Strömungen werden. Das ist nur möglich, wenn man gegenseitiges Verständnis füreinander weckt."
Als wenig hilfreich schätzt der Geistliche die anhaltende Diskussion um einen möglichen Dialog mit den Islamisten Gruppierung oder sogar eine Amnestie ein. Denn obwohl die Regierung militärisch gegen Boko Haram vorgeht, halten Gespräche über das sogenannte Amnestie-Komitee an. Ehusani ist skeptisch: "Das ist ja keine vereinte Gruppierung. Und worüber soll überhaupt mit Boko Haram verhandelt werden?" Aus seiner Sicht hätten viele Anschläge gar keinen ideologischen Hintergrund: "Ein Verbrechen muss als ein Verbrechen geahndet werden. Alles andere wäre ein völlig falsches Zeichen."
(KNA - nkqkr-89-00051)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.