Ägyptischer Historiker: Unruhen sind kein Religionskonflikt
KNA 22.08.2013
Bonn (KNA) Die Lage der christlichen Minderheit in Ägypten hat sich nach den Worten des ägyptischen Historikers Wessam A. Farag in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) warnte der Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität von Al-Mansura am Donnerstag jedoch davor, die aktuellen Unruhen auf einen Konflikt der Religionen zu reduzieren.
Mit Blick auf die Vergangenheit lasse sich stets ein ähnliches Muster herausarbeiten, so Farag, der Muslim ist. "Wenn Ägypten wirtschaftlich am Boden lag, dann griff der Mob auf den Straßen den 'Anderen' an." Im Mittelalter seien das meist jene Menschen gewesen, die nicht den gleichen Glauben hatten. Später wurden dem Experten zufolge Vertreter der Regierung zur Zielscheibe von Attacken. "Aktuell richten sich vor allem die Salafisten gegen die Kopten in Ägypten, weil sie deren Glauben und Bräuche für unvereinbar mit der Mehrheitsgesellschaft halten."
Als Gründe für die Übergriffe nannte Farag Ignoranz und Intoleranz. Diese Haltung ließe sich nur durch Investitionen und grundlegende Reformen im Bildungswesen ändern. Die Defizite seien enorm, so der Gelehrte. "Ägypten gehörte zu den ersten Ländern der Welt, die eine Schriftkultur hervorbrachten. Es stimmt mich traurig, wenn ein solches Land hinnimmt, dass heutzutage 37 Prozent der Bevölkerung Analphabeten sind."
Der 67-Jährige stammt aus Alexandria und war für mehrere Wochen zu Gast am Zentrum für Religion und Gesellschaft (ZERG) der Universität Bonn. Farag ist Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Sein aktuelles Forschungsprojekt beschäftigt sich mit dem religiösen Diskurs im Mittleren Osten.
(KNA - nksmm-89-00032)
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