Orthodoxer Patriarch für EU-Beitritt der Türkei
KNA 13.05.2014
Bonn (KNA) Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel (74) hat sich für eine Aufnahme der Türkei in die EU ausgesprochen. Die Aufnahme könnte eine gegenseitige Bereicherung sein, sagte das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen weltweit am Dienstag in Bonn. Europa sei zwar christlich geprägt. Diese Werte seien jedoch so universell und zeitlos, dass auch die Türkei sie mittragen könnte.
Bartholomaios I. besuchte am Dienstag die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) in Bonn. Dort traf er unter anderem mit dem Vorsitzenden der Ökumenekommission der Bischöfe, dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige, und DBK-Sekretär Hans Langendörfer zusammen.
Von seinem baldigen Treffen mit Papst Franziskus im Heiligen Land erwartet das orthodoxe Oberhaupt eine Vertiefung der schwesterlichen Beziehungen zwischen beiden Kirchen. Er glaube an den Wert von persönlichen Begegnungen, betonte der Patriarch. Wie ihre Vorgänger vor 50 Jahren, Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I., wollen beide Kirchenoberhäupter in Jerusalem eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen. "Wir beide möchten die Beziehung zwischen unseren Kirchen ausbauen und das Werk unserer Vorgänger fortsetzen", sagte Bartholomaios weiter.
An die evangelischen Kirchen appellierte der Geistliche, den 500. Jahrestag der Reformation nicht nur zu feiern, sondern auch zur Selbstkritik zu nutzen. Die Christen müssten sich fragen, warum die Kirchen getrennt seien. In einem Gottesdienst erinnerte Bartholomaios an die christlichen Wurzeln Europas und mahnte, weiterhin die europäische Einheit zu suchen. "Europa hat zwei Möglichkeiten", so der Patriarch, "es kann christlich sein oder aufhören zu existieren." Inmitten einer Welt, die "aus kriegerischen Auseinandersetzungen und mörderischen Plänen nicht zum Frieden" finde, seien die Präsenz und das Zeugnis der Christen besonders bedeutsam. Bischof Feige würdigte seinerseits den "Dialog der Liebe und der Wahrheit", der zwischen katholischer und orthodoxer Kirche bestehe.
Bereits am Mittwochmorgen hatte Bartholomaios I. den Sitz der orthodoxen Kirche in Deutschland, die Bonner Metropolitankirche Hagia Trias besucht. Dabei würdigte er die seit mehr als 50 Jahren bestehende griechisch-orthodoxe Metropolie in der Bundesrepublik als "ein Modell und ein Beispiel zur Nachahmung". Deutschland bezeichnete er als "gastfreundliches und zivilisiertes Land", zu dessen Wiederaufbau die ersten orthodoxen Migranten nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen hätten. Heute könne die Metropolie stolz darauf sein, dass sie, nicht zuletzt durch die "großzügige Hilfe" der katholischen und evangelischen Kirche, etwa 60 eigene Kirchengebäude in der Bundesrepublik besitze.
Bartholomaios I. hält sich seit Samstag in Deutschland auf. Der politische Höhepunkt der Reise steht am Mittwoch in Berlin an, wenn der Patriarch mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentrifft.
Zur griechisch-orthodoxen Metropolie in der Bundesrepublik zählen rund 500.000 Christen. Die zunächst für 2013 geplante Visite des Ehrenoberhaupts war wegen Terminproblemen im Zusammenhang mit den Bundestagswahlen verschoben worden. Bereits vor 21 Jahren hatte er als erster Ökumenischer Patriarch Deutschland besucht.
(KNA - okpln-89-00120)
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