Theologe: Salafisten nutzen verunsicherte Jugendliche aus
KNA 10.03.2014
Frankfurt (KNA) Islamistische Extremisten nutzen nach Ansicht des Theologen Mouhanad Khorchide Ohnmachtsgefühle von Jugendlichen aus. Junge Muslime hätten in Deutschland immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen, sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) in Münster in einem Interview der Zeitschrift "chrismon" (März-Ausgabe). "Sie hören: Ihr unzivilisierten Muslime, schaut euch doch einmal eure Herkunftsländer an!" Manche der so Angesprochenen hätten einen schwierigen sozialen Hintergrund, seien vielleicht Schulabbrecher.
"Und dann kommt ein islamistischer Prediger wie Pierre Vogel und sagt: Nicht wir, sondern die anderen sind die Bösen und zwar seit der Kolonialzeit. Sie beuten uns aus, rauben unser Öl, sie heizen den Afghanistankrieg, den Nahostkonflikt an. Schaut mal, wie viele tote Frauen und Kinder es gibt." Für all das, so Khorchide, machten die Salafisten die Ungläubigen verantwortlich. Gott aber stehe aufseiten der Muslime, "er hasst die anderen". Khorchide: "So wird aus Ohnmacht vermeintliche Macht."
Salafisten erzeugten mit dieser Strategie ein Gefühl von Sicherheit und Gruppenzugehörigkeit, an dessen Ende angeblich der Sieg stehe, erläuterte der islamische Theologe. "Weder in der Öffentlichkeit noch in den Moscheegemeinden finden die verunsicherten Seelen solche Machtfantasien."
Salafisten orientieren sich an den "Vorfahren", arabisch "salaf", womit die ersten drei Generationen von Muslimen gemeint sind, die nach ihrer Überzeugung den "reinen Islam" der Frühzeit während und kurz nach den Offenbarungen Mohammeds lebten.
Laut Verfassungsschutz ist der Salafismus, dessen Anhänger einen Gottesstaat anstreben, unter den extremistischen Gruppierungen in Deutschland seit Jahren auf dem Vormarsch. Allein in Nord-rhein-Westfalen hat sich die Zahl der Salafisten in den vergangenen zwei Jahren auf 1.500 fast ver-dreifacht. Jeder zehnte von ihnen ist den Angaben zufolge gewaltbereit und propagiert den Dschihad, also den "heiligen Krieg". Am Wochenende sorgte zudem der Fall einer 16-jährigen Schülerin aus Konstanz für Schlagzeilen, die in einem Islamistencamp in Syrien untertauchte.
(KNA - oknlk-89-00085)
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