In Halbmond-Debatte der CDU schalten sich Kirchenvertreter ein
KNA 05.05.2014
Von Johannes Nitschmann (KNA)
Neuss (KNA) Drei Wochen vor der Kommunalwahl stellt der Streit um den islamischen Halbmond im Parteilogo die Neusser CDU vor eine Zerreißprobe. In den Konflikt hat sich nun auch der katholische Stadtpfarrer Wilfried Korfmacher eingeschaltet. Er warnte die CDU davor, ihre christlichen Wertvorstellungen "um der Macht Willen" zur Disposition zu stellen und sich für immer neue Gruppierungen zu öffnen. Die CDU sollte eher in die Opposition, als immer mehr christliche Prinzipien aufzugeben.
Korfmacher meldete sich am Freitagabend auf einer Veranstaltung zu Wort, die der Neusser CDU-Ratsherr Sebastian Rosen gegen den Willen seiner Parteiführung initiiert hatte. Unter dem Motto "Neuss unter dem Halbmond? Hat sich die CDU vom C verabschiedet?" diskutierten im Kardinal-Bea-Haus der örtlichen St.-Thomas-Morus-Gemeinde etwa 200 Teilnehmer kontrovers und emotional über die Verfremdung des Parteilogos durch den CDU-Stadtratskandidaten Yasar Calik. Der Deutsch-Türke hatte im Wahlkampf auf von ihm verteilten Stofftaschen mit einem islamischen Halbmond im "C" des Parteilogos geworben. Obwohl die Parteiführung zwischenzeitlich die weitere Verwendung des verfremdeten Logos untersagte und Calik von einem zu spät bemerkten Fehler der Druckerei sprach, tobt in der Neusser CDU seither eine hitzige Auseinandersetzung um eine drohende Islamisierung der Partei.
"Wir sollten Fehler, die passiert sind, nicht totschweigen", sagte Rosen zu Beginn der Veranstaltung. Von der örtlichen Parteiführung ließ sich niemand blicken. Stattdessen feierte die CDU zur gleichen Zeit nur wenige Kilometer entfernt den Auftakt des Kommunalwahlkampfes mit ihrem Kreisvorsitzenden, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.
Er wolle mit der CDU nicht das gleiche Schicksal erleben wie die SPD, die sich durch das Aufgeben von Positionen immer weiter von ihrer Stammwählerklientel entfernt habe, erklärte Rosen. Die CDU müsse selbstverständlich auch für Migranten offen sein. Aber diese müssten die christlichen Grundwerte anerkennen. Dies sei aber bei Calik nicht erkennbar, wenn er das Parteilogo verfremde.
Als Kronzeugen dafür hatte Rosen den Kirchenhistoriker und Islam-Experten Michael Hesemann eingeladen. Das "Symbol des Mondgottes von Mekka" sei in seiner Ursprungsbedeutung keineswegs verwerflich, befand Hesemann. Allerdings sei der Halbmond des religiös-spirituellen Islam später vom politischen Islam missbraucht worden. Deshalb stehe dieses Symbol auch für die Inbesitznahme christlicher Kathedralen durch Muslime und die Tötung von Millionen armenischer Christen im ersten Weltkrieg. Nicht der einzelne Muslim "in seiner bewundernswerten Frömmigkeit" lasse den Islam "bedrohlich erscheinen", führte Hesemann aus, sondern der politisch dominante Anspruch der Lehre Mohammeds. Deshalb sei die Halbmond-Verfremdung "natürlich kein Unfall und keine Panne" gewesen. Ein Kandidat, der sich mit einer solch "dummen Ausrede" aus der Affäre stehle, müsse sich fragen lassen, "ob er noch wählbar ist".
Auch der Kommunikationsexperte Albrecht von Croy ließ kein gutes Haar an Calik: "Ich kann mich nicht von einem Tennisclub für ein Amt aufstellen lassen und dann vehement dafür plädieren, dieser müsse nun auch Basketball spielen." Wer so weit weg von seiner Marke sei, der sei "auch weit weg von seinen Werten".
Nur der 84-jährige CDU-Senior Heinz Günter Hüsch, den sie in Neuss als graue Eminenz der Kommunalpolitik respektvoll "Altmeister" nennen, ergriff beherzt Partei für Calik. "Das ist ein Novize, ein Anfänger", rief der ehemalige Bundestagsabgeordnete mit brüchiger Stimme in den Saal. Da erwarte er von Christdemokraten doch "mehr Barmherzigkeit". Zudem entspreche die verpflichtende Armenspende im Islam der christlichen Nächstenliebe. Für ihn hätten Muslime einen berechtigten Platz in der CDU. "Schließlich glauben wir alle an den einen Gott", sagte Hüsch. Zudem stellte er sich vor die heftig attackierte Parteiführung der Neusser CDU: "Sie haben nie erkennen lassen, das sie nicht uneingeschränkt zum C stehen."
(KNA - okpko-89-00001)
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