Meisner bedauert Äußerung über muslimische Familien
KNA 29.01.2014
Köln (KNA) Der Kölner Kardinal Joachim Meisner bedauert seine Äußerungen über muslimische Familien. "Es war keineswegs meine Absicht, Menschen anderen Glaubens damit zu nahe zu treten - meine Wortwahl war in diesem Fall vielleicht unglücklich", erklärte er am Mittwoch in Köln.
Der scheidende Erzbischof hatte vergangenen Freitag bei einer Veranstaltung des "Neokate-chumenalen Weges" Eheleute aus dieser geistlichen Bewegung dafür gelobt, große Familien mit teils zehn Kindern zu gründen. Dabei sagte er, "eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien". Dieser Satz war auf scharfe Kritik insbesondere muslimischer Verbände gestoßen.
Laut Meisners Erklärung vom Mittwoch war seine Äußerung als "Wertschätzung für die Familien des Neokatechumenalen Wegs" und ihre außergewöhnliche Glaubenskraft gemeint. Zudem betonte er, dass er schon verschiedentlich gesagt habe, dass muslimische Familien der überalternden deutschen Gesellschaft in manchem ein Beispiel geben.
Der Sprecher der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Bekir Alboga, hatte im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch) die Äußerung Meisners heftig kritisiert: "Man stelle sich vor, ein muslimischer Würdenträger in vergleichbarer Position würde diesen Satz formulieren - ein Empörungsschrei ginge durch die Gesellschaft." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, warf Meisner vor, mit "Sarrazinähnlichen Äußerungen über Muslime" Ressentiments und islamfeindliche Stimmungen zu bedienen, "die wir so von der katholischen Kirche und besonders vom neuen Papst nicht kennen".
Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), bekundete Unverständnis über den Kardinal. Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, hielt dem Erzbischof vor, den öffentlichen Frieden zu gefährden.
NRW-Vizeministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag): "Eine abgestufte Wertigkeit von Familien und damit von Kindern je nach Herkunft oder Religionszugehörigkeit verstößt nicht nur gegen unsere Verfassung, sie ist auch alles andere als christlich."
Meisner hatte in der Vergangenheit immer wieder die Muslime kritisiert, sich aber auch für ihre Rechte stark gemacht. So nannte er es selbstverständlich, dass Muslime die Kölner Großmoschee bauen. Zugleich warnte er davor, dass im Umfeld des Komplexes eine Parallelgesellschaft entstehe. Zudem zeigte er sich enttäuscht darüber, dass sich die türkischen Muslime in Deutschland nicht genügend für die Glaubensfreiheit der Christen in ihrer Heimat und für die Freigabe der Pauluskirche in Tarsus als christliches Gotteshaus einsetzen. Das Urteil des Kölner Landgerichts aber, wonach Beschneidungen von Jungen strafbar sind, kritisierte der Erzbischof als "Eingriff in die Religionsfreiheit".
Die 1964 in Madrid gegründete geistliche Gemeinschaft "Neokatechumenaler Weg" pflegt durch geistliche Übungen in weltweit 25.000 festen Gruppen ein intensives religiöses Leben. Vor allem im deutschsprachigen Raum gab es Klagen, dass sich die Gemeinschaft nur unzureichend in Pfarreien eingliedere. Der Vatikan indes billigte 2008 die Statuten der Bewegung. Der neue Kölner Weihbischof Ansgar Puff gehört dieser Gemeinschaft an.
Der inzwischen 80-jährige Meisner geht davon aus, dass der Papst spätestens Ende Februar sein Rücktrittsgesuch annimmt. Am 9. März steht eine Abschiedsfeier auf dem Programm.
(KNA - oklmt-89-00087)
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