Katholische Bischöfe: Waffenlieferungen an Irak gerechtfertigt
KNA 26.08.2014
Von Christoph Arens (KNA)
Bonn (KNA) Darf man Waffen gegen einen brutalen Aggressor einsetzen und auch liefern? Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben sich am Montag zu einer eindeutigen Position durchgerungen. In einer bei ihrem Ständigen Rat in Würzburg verabschiedeten Erklärung betonen sie, dass ein militärisches Eingreifen gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) und die Lieferung von Waffen unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein könnten.
Die Oberhirten der 27 Bistümer berufen sich dabei auf die katholische Lehre über den gerechten Frieden und das Völkerrecht. Militärische Maßnahmen und auch die Lieferung von Waffen an eine im Konflikt befindliche Gruppe dürften zwar niemals ein selbstverständliches und unhinterfragtes Mittel der Politik sein, so die Bischöfe. "Sie können aber in bestimmten Situationen auch nicht ausgeschlossen werden, sofern keine anderen - gewaltfreien oder gewaltärmeren - Handlungsoptionen vorhanden sind, um die Ausrottung ganzer Volksgruppen und massenhafte schwerste Menschenrechtsverletzungen zu verhindern."
Die Bischöfe erinnern in diesem Zusammenhang an eine rechtliche Pflicht der Staaten, gegen Völkermord aktiv tätig zu werden. Es gebe die sogenannte "Schutzverantwortung" (responsibility to protect) zur Abwehr schlimmster, viele Menschen bedrohender Verbrechen. Dieses Konzept wurde von Völkerrechtlern im Anschluss an den Völkermord in Ruanda und die Ermordung von 8.000 Muslimen 1995 im bosnischen Srebrenica entwickelt.
In Deutschland sind Waffenlieferungen in den Irak umstritten. Nach einer kürzlich veröffentlichten Forsa-Umfrage sind 63 Prozent der Befragten gegen Waffenlieferungen, um die Kurden im Kampf gegen die IS-Terrormiliz zu unterstützen. 30 Prozent befürworten sie.
In den vergangenen Wochen hatte es auch in der evangelischen Kirche eine breite Debatte über die Legitimität militärischer Mittel gegeben. So erklärte der Berliner Bischof Markus Dröge, es könne "ethisch auch geboten sein, rechtserhaltende Gewalt anzuwenden", damit schlimmer Schaden von den verfolgten Menschen im Irak abgewendet werde.
Die Gegenposition bezog der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh: Er erklärte, er sei "kein grundsätzlicher Pazifist", aber er könne sich "für heute keine Situation vorstellen, in der Krieg ein Mittel der Politik ist". Die Staatengemeinschaft müsse Verfahren entwickeln, um die Sicherheit der Zivilbevölkerung "zur Not auch durch den Einsatz von Gewalt" zu schützen. "Das spricht aber eher für eine sehr robuste internationale Polizeitruppe", so der Landesbischof.
Auch in der katholischen Kirche gibt es unterschiedliche Stimmen: Ein klares Nein zu Waffenlieferungen und Militärschlägen formulierte die katholische Friedensbewegung Pax Christi: Sie warnte zugleich die Kirche davor, Militäreinsätze zu rechtfertigen. "Wir haben zwei schreckliche Weltkriege hinter uns, zu denen die Kirchen mitaufgerufen hatten", sagt die Pax-Christi-Bundesvorsitzende Wiltrud Rösch-Metzler. Es bestehe die Gefahr, dass die Kirche sich wieder in nationale, wirtschaftliche und Bündnis-Interessen verwickeln lasse.
Mit ihrer Erklärung vom Montag bringen sich die deutschen Bischöfe in Übereinstimmung mit anderen europäischen Bischöfen. Der Rat der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) hatte zuvor in einem ungewöhnlichen Schritt an den Weltsicherheitsrat appelliert, die internationale Gemeinschaft müsse "diese Tragödie beenden, und zwar mit allen ihr möglichen legitimen Mitteln".
Auch Papst Franziskus hatte sich lange bedeckt gehalten, zuletzt aber ein entschiedenes Eingreifen gefordert. Einen "ungerechten Aggressor" aufzuhalten, sei "legitim", sagte er auf dem Rückflug von Südkorea nach Rom. "Ich benutze bewusst das Wort stoppen, ich spreche nicht von Bombardieren oder Kriegführen", betonte der Papst. Er forderte ein international abgestimmtes Vorgehen. Ein einzelner Staat könne eine solche Entscheidung nicht treffen.
(KNA - oksmp-89-00121)
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