Christen in Nahost im Mittelpunkt der Weihnachtstage des Papstes
KNA 29.12.2014
Von Johannes Schidelko (KNA)
Vatikanstadt (KNA) Gewalt im Nahen Osten und besonders die dramatische Lage der Christen waren vorrangige Themen von Papst Franziskus in den Weihnachtstagen. Irak und Syrien standen ganz vorne in der Reihe von Kriegs- und Krisenregionen, für die der Papst in seiner Weihnachtsbotschaft Frieden und Gerechtigkeit forderte. Seit "zu langer Zeit" erlitten die Christen wie auch Angehörige anderer Minderheiten grausame Verfolgungen, sagte er. Mit Nachdruck forderte er die internationale Gemeinschaft zum Friedenseinsatz und alle Menschen guten Willen zur Hilfe für die Bedürftigen auf.
Noch eindringlicher hatte der Papst den weihnachtlichen Friedenswunsch in einem eigenen Brief an die Christen im Nahen Osten formuliert. Zwei Tage vor dem Christfest beklagte er darin "Gesetzwidrigkeiten unvorstellbaren Ausmaßes"; ohne sie beim Namen zu nennen, verwies er auf die "neue und besorgniserregende terroristische Organisation" des "Islamischen Staats". "Dieses Leiden schreit zu Gott und ruft uns alle zum Einsatz auf", schrieb Franziskus.
An Heiligabend telefonierte das Kirchenoberhaupt mit christlichen Flüchtlingen in Ankawa bei Erbil im Irak und sprach ihnen Trost zu. Ihre Situation sei vergleichbar mit der der Heiligen Familie, sagte er. Spätestens beim Neujahrsempfang für das diplomatische Corps dürfte Franziskus erneut die Konfliktherde in Nahost zum Thema machen.
Die Weihnachtsbotschaft selbst, aber auch die päpstliche Liste der Krisenländer war diesmal auffallend kurz: Für die Ukraine forderte Franziskus ein Ende der Spannungen und neue Weg der Versöhnung. Für die Konfliktherde in Afrika, von Libyen über den Südsudan bis Nigeria verlangte er ein Ende des Blutvergießens und einen Dialog. Aber kein Wort zu Lateinamerika oder zu Asien, sieht man vom Hinweis auf den Anschlag auf eine pakistanische Schule ab. Auch kein Lob für jüngste positive Entwicklungen, etwa die mit vatikanischer Hilfe eingeleiteten Öffnung zwischen den USA und Kuba.
Stattdessen äußerte sich Franziskus bei seinem zweiten Weihnachtsfest im Vatikan ausführlich zum dramatischen Los von Kindern in der Welt. Viele würden Opfer von Gewalt, Ausbeutung und Menschenhandel oder als Soldaten rekrutiert, klagte er. Es gebe "diesmal zu Weihnachten zu viele Tränen". Abweichend vom Skript sprach er von Abtreibung und Misshandlungen, von Kindern, die "im Egoismus einer Kultur begraben werden, die das Leben nicht liebt". Er gedachte der "durch Bombardierungen massakrierte Kinder" in Gaza.
Die Christenverfolgungen in aller Welt und Märtyrer der Gegenwart waren auch Thema des Papstes bei seiner Ansprache zum zweiten Weihnachtstag. Am Fest des ersten Märtyrers Stephanus forderte er von allen Staaten Religionsfreiheit. Anders als seine Vorgänger begab sich Franziskus nach den Weihnachtszeremonien nicht nach Castel Gandolfo. Er bleibt im Vatikan - auch mit Blick auf das umfangreiche Programm der nächsten Wochen. An Neujahr feiert er eine Messe zum Weltfriedenstag. Er muss er letzte Hand an die Liste der neuen Kardinäle legen, die er beim Konsistorium am 13. Februar kreiert. Die Namen dürfte er bald, vielleicht am 6. Januar, bekanntgeben.
Nach dem Empfang für das diplomatische Corps, bei dem eine politisch akzentuierte Rede zu erwarten ist, besucht Franziskus vom 12. bis 19. Januar Sri Lanka und die Philippinen. Eine weitere Reise geht Ende September zu einem Welttreffen katholischer Familien nach Philadelphia; vermutlich schließen sich Etappen bei den Vereinten Nationen in New York und beim Kongress in Washington an.
Außerdem stehen 2015 Reisen nach Afrika und nach Lateinamerika auf dem Programm, ohne dass Ziele bislang festliegen. Vielleicht besucht er den französischen Marienwallfahrtsort Lourdes, sicher aber Turin zur Sonderausstellung des Grabtuchs Christi. Zu den vatikanischen Höhepunkten 2015 zählt dann im Oktober die zweite Bischofssynode zur Familienpastoral. Von ihr dürften wichtige Weichenstellungen für die Haltung der Kirche zu Fragen von Ehe, Familie und Sexualität ausgehen.
(KNA - olmmq-89-00019)
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