Vor 25 Jahren starb Irans Revolutionsführer Ayatollah Khomeini
KNA 02.06.2014
Von Christoph Schmidt (KNA)
Bonn (KNA) Am 1. Februar 1979 blickte die Welt auf einen Greis, der am Teheraner Flughafen in Sandalen die Gangway einer Air France-Maschine herabstieg. Würden Truppen des Schah die iranische Revolution in letzter Minute ersticken, obwohl der Despot längst das Land verlassen hatte? Doch die Fahrt des Ayatollah Ruholla Khomeini wurde zum Triumphzug in die Epoche des politischen Islam. Millionen verzückte Verlierer aus den Slums Süd-Teherans, Studenten und Mittelschichtler schrien "Allahu Akbar", Gott ist der Größte. Als der Mann mit dem schwarzen Turban, Zeichen der Abkömmlinge des Propheten Mohammed, vor einem Vierteljahrhundert, am 3. Juni 1989, starb, stand die Welt kurz vor Ende des Kalten Krieges. Aber die eigentliche Zeitenwende hatte der 89-Jährige da längst vorweggenommen.
Wie ein Gespenst aus dem Mittelalter, das geradewegs aus einer Boeing 747 schritt, so wirkte dieser schiitische Rechtsgelehrte auf den Westen. Seine Anhänger riefen "Tod den USA" und "Nieder mit den Imperialisten" und besetzten unter Verletzung aller Regeln des Völkerrechts die amerikanische Botschaft. Ein Jahrhundert war das iranische Erdöl der Gier Großbritanniens und der Vereinigten Staaten unterworfen. Jahrzehntelang hatte Washington die brutale Kleptokratie des Schah Reza Pahlawi als Garant gegen den Kommunismus gestützt.
Nun bot Khomeini den Habenichtsen islamischen Fundamentalismus als Heilsbringer. In den 14 Jahren seines Exils, die letzten Monate in Frankreich, hatte der weißbärtige Charismatiker die betrogenen Massen berauscht. Sein Konzept einer "Islamischen Republik" und einer "Herrschaft der Rechtsgelehrten" war neu. "In dieser Staatsform gehört die Souveränität einzig und allein Gott", erklärte der Revolutionsführer. "Das Gesetz ist nichts anderes als der Befehl Gottes." Bis zur Wiederkehr des von den Schiiten erwarteten zwölften Imams sollte die Scharia für Gerechtigkeit sorgen. Menschenrechte außen vor.
Viele aus dem westlich orientierten Bürgertum flohen, andere tauschten bereitwillig den Lippenstift gegen den Tschador - oder die Prügel der Revolutionswächter zwangen sie dazu. Tausende Gegner wurden in den ersten Jahren des Regimes hingerichtet. Nie zuvor hatte ein islamischer Machthaber die Religion so unbarmherzig zum Dreh- und Angelpunkt eines modernen Staates erklärt und derart gegen die Interessen des Westens und seiner Schutzmacht verstoßen. Der Hass auf die USA und ihren wichtigsten regionalen Verbündeten, das zionistische Israel, wurde neben dem Koranglauben zur zweiten Staatsdoktrin des Iran.
Und die islamische Revolution zum Exportschlager. Im Libanon gründete Teheran die schiitische "Hisbollah", die Partei Gottes, als Speerspitze gegen Israel. Bis heute hängen Khomeini-Porträts in ihren Beiruter Büros. Auch sunnitische Gesellschaften waren elektrisiert von der Umwälzung im Iran, obwohl beide Konfessionen sich so nahe stehen wie Katholiken und Protestanten im 17. Jahrhundert. Der Aufstieg des islamischen Fundamentalismus in Afghanistan oder in Algerien wäre ohne Khomeini aus Sicht vieler Experten nicht denkbar.
Ermutigt von den Waffenlieferungen westlicher Staaten, begann der irakische Diktator Saddam Hussein 1980 einen Angriffskrieg gegen den Iran. Fast eine Million Menschen starben in dem achtjährigen Gemetzel. Nicht einmal die Giftgasattacken Saddams riefen offizielle Proteste des Westens hervor. Das machte es Khomeini leicht, dem Volk seinen islamischen Staat als Opfer einer satanischen Welt zu präsentieren und den inneren Terror zu rechtfertigen. Der Waffenstillstand 1988 war seine vielleicht größte Tat. Zehn Monate später blickte der Westen, einmal mehr ratlos, auf die millionenfache Massenhysterie bei Khomeinis Beerdigung.
Der Imam und sein Staatssystem bleiben im Iran allgegenwärtig, obwohl die Herrschaft der Mullahs die soziale Lage der Massen kaum verbesserte. Eine vom Westen unterstützte Bürgerrechtsbewegung scheiterte 2009. Bisher gibt es im Iran nur die Alternative zwischen radikalen und gemäßigten Islamisten. Westliche Sanktionen im Atomstreit mit der regionalen Schlüsselmacht blieben erfolglos. Der Iran sucht weiter seinen Weg in die Moderne und der Westen weiter seinen Weg mit dem Iran.
(KNA - okqkm-89-00013)
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