Islamwissenschaftler: Salafismus hat vor allem soziale Ursachen
KNA 02.12.2014
Berlin (KNA) Der französische Islamismusforscher Olivier Roy sieht den Salafismus nicht als Folge der islamischen Kultur. Die Extremisten radikalisierten sich oft in Gefängnissen und wollten im Dschihad "Helden" werden, sagte Roy im Interview der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag). Der Salafismus biete vor allem jungen Männern vom Rand der Gesellschaft eine neue Heimat und eine Ersatzfamilie. Roy ist Politologe am Europäischen Institut in Florenz. Er berät die Regierung Frankreichs und die UNO.
Nach seiner Einschätzung hat der Salafismus vor allem soziale Ursachen. Salafistische Gruppen hätten vor allem Zulauf in sozial schwachen Gebieten. Viele Salafisten seien gestrandete junge Männer, die mit Drogen und anderer Kriminalität zu tun gehabt hätten. Den Salafismus empfänden sie dann als eine Art Wiedergeburt oder Rehabilitierung. "Der Salafismus strukturiert den Alltag", so der Wissenschaftler. Er mache klare Vorgaben, wie man sich kleiden und sich verhalten solle. Zudem biete er Geborgenheit in einer Gruppe. "Er ist eine Mischung aus Kampfgemeinschaft und neuer Familie. Es gibt also auch diesen Aspekt von Wärme und Solidarität, den sie außerhalb der Gemeinschaft nicht finden."
Roy sieht den religiösen Faktor als zweitrangig. "Salafismus ist attraktiv, weil er explizit gegen jede Kultur opponiert", erläutert er. Wenn ein unzufriedener, frustrierter Jugendlicher der Gesellschaft oder dem System Schaden zufügen wolle, schlage er sich auf die Seite dieser "Negation jeglicher Kultur".
(KNA - olmkm-89-00037)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.