Islam-Verbände wirken an Unis mal mehr und mal weniger mit
KNA 07.03.2014
Nicht ohne Segen der Religionswächter
Islam-Verbände wirken an Unis mal mehr und mal weniger mit
Von Hermann Horstkotte (KNA)
Bonn (KNA) Er gilt nur als Krücke: Der Beirat, der an der Universität Münster Lehrinhalte und Personal für das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) bestimmen soll. Sowohl die Universität als auch die islamischen Verbände, die darin mitwirken sollen, stehen dem Konstrukt kritisch gegenüber. Umso mehr stellt sich die Frage, wie andere Universitäten dafür sorgen, dass die Glaubensgemeinschaft entsprechend den Vorgaben des Grundgesetzes die Auswahl der Themen und Theologen bestimmt.
Für Münster wurde der Beraterkreis aus acht Personen schon vor zwei Jahren beschlossen. Er soll am ZIT die muslimische Bekenntnistreue sicherstellen. Weil die Verbände im Gegensatz zu den Kirchen staatlich nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, dient der Beirat nach den Plänen als Ersatz. Die Mitglieder für das Gremium sollen zur Hälfte vom Koordinationsrat der Muslime (KRM) und zur anderen Hälfte von der Uni mit Zustimmung der Verbände bestimmt werden. Doch bislang hat sich der Beirat nicht konstituiert, da die Verfassungstreue einzelner vom KRM vorgeschlagener Kandidaten angezweifelt wurde. Die Folge für das ZIT: Studien- und Prüfungsordnungen sowie mehrere Professorenstellen unterliegen vorläufigen Regelungen. Hinzu kommt, dass der bisher einzige Hochschullehrer, Zentrums-Leiter Mouhanad Khorchide, von den Verbänden abgelehnt wird; sie werfen ihm fehlende theologische Kompetenzen vor.
Für einen Neuanfang im Miteinander von Religions- und Hochschulvertretern fand im Februar im Düsseldorfer Wissenschaftsministerium ein Gespräch mit dem KRM und der Münsteraner Uni-Rektorin Ursula Nelles statt. Für März wurde ein Folgetreffen vereinbart. "Wir warten jetzt auf einen weiteren Gesprächstermin", sagt KRM- Sprecher Bekir Alboga der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), "haben aber leider noch nichts davon gehört." Offenbar fällt es schwer, tragfähige Verhandlungsvorschläge zu machen. Für Alboga ist indes jetzt schon klar, dass der religiöse Beirat "definitiv gescheitert" ist, wie er im Gespräch mit der KNA betont. Auch Nelles hat in Bezug auf das Gremium Bedenken angemeldet und ist für Alternativen offen. Das wirft die Frage auf, wie die Mitwirkung an den anderen vier Islamzentren in der Bundesrepublik funktioniert.
Alboga verweist auf Osnabrück. Der dortige Uni-Beirat besteht aus Vertretern der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) und der nichttürkischen Moscheegemeinden (Schura). Anders als in Münster schickt die Uni selber niemanden in den Kreis der Religionswächter. "Wir kennen aber alle unsere Partner schon seit Jahren persönlich", betont Institutsleiter Rauf Ceylan. "In der Zeit hat sich ein vertrauensvolles Verhältnis in der Zusammenarbeit mit der religiösen Basis entwickelt."
Die Uni Tübingen kooperiert statt mit dem Dachverband KRM direkt mit einzelnen Islamverbänden. Sie entsenden fünf Mitglieder in den Beirat. Die Hochschule schlägt zwei weitere Personen vor, die aber die Zustimmung der Verbandsvertreter brauchen. Wieso die Uni für sich nur zwei statt wie in Münster die Hälfte aller Plätze beansprucht oder aber Osnabrück gar keine, bleibt ein Rätsel.
Einen ganz eigenen Weg geht Erlangen. Die Uni setzt den Beirat aus Einzelpersönlichkeiten zusammen - unabhängig von den Verbänden. Der Vater der entsprechenden Hochschulordnung, der Jurist Mathias Rohe, hält die Verbände einfach noch nicht für reif genug, um die muslimische Glaubensgemeinschaft zu vertreten. Das Gremium "berät" die Uni mit "Stellungnahmen" zur Studienorganisation und Berufungen. Darüber Entscheidungen treffen kann es aber nicht, anders als etwa in Münster oder Osnabrück. Wegen der fehlenden Mitbestimmung hält Rohes Münsteraner Fachkollege Janbernd Oebbecke das Erlanger Modell für verfassungswidrig.
Die verschiedenen Beiratsvarianten erweisen sich als rechtspolitische Baustellen und nicht als Lösungen - außer in Hessen. Dort sind die islamischen Verbände als Religionsgemeinschaft anerkannt. Wenn es um Studienangelegenheiten geht, sind die DITIB und die Gemeinschaft Ahamadiyya direkte Partner der Unis in Frankfurt und Gießen - ganz nach dem Vorbild der katholischen und evangelischen Kirche. Religiöse Uni-Beiräte sind damit überflüssig.
(KNA - oknkr-89-00028)
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