Islamexperte: Koranrezitation bei Friedenstreffen kein Angriff
KNA 12.06.2014
Vatikanstadt (KNA) Der Jesuit und Islamwissenschaftler Felix Körner hat eine umstrittene Koranrezitation beim Nahost-Friedenstreffen am Pfingstsonntag verteidigt. Das Zitat sei kein Angriff auf die anderen Religionen, sagte Körner, der an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom lehrt, im Interview mit Radio Vatikan.
Bei dem Gebetstreffen mit Papst Franziskus, Israels Präsident Schimon Peres und Palästinenser-präsident Mahmud Abbas hatte ein Imam außerhalb des vorgesehenen Programmablaufs am Ende des islamischen Gebetsblocks aus der zweiten Sure zitiert: "Verzeih uns (Allah), vergib uns und erbarm dich unser! Du bist unser Schutzherr. Hilf uns gegen das Volk der Ungläubigen!" Diesen letzten Vers werteten Beobachter als unpassend oder sogar als einen Angriff auf Juden und Christen.
Körner verwies dagegen auf den historischen Zusammenhang des Zitats. Es beziehe sich auf die Verfolgung der kleinen islamischen Gemeinde durch die Polytheisten Mekkas, die den einen Gott nicht anerkannten. "Wenn also in dieser Koranstelle von den Ungläubigen die Rede ist, gegen die Gottes Hilfe erbeten wird, dann sind hier ganz klar nicht die Juden und auch nicht die Christen gemeint, die natürlich die Einheit Gottes anerkennen", so Körner. Insgesamt habe der Vers gut in den Zusammenhang des Friedenstreffens gepasst.
Bei der von Papst Franziskus angeregten Begegnung am Sonntag im Vatikan hatten Juden, Christen und Muslime nacheinander nach demselben Schema gebetet. Die Gebetstexte wurden zuvor mit den jeweils anderen Religionsgemeinschaften abgesprochen. Die Koranrezitation des Imams erfolgte dagegen spontan. Der Wiener Islamwissenschaftler Ednan Aslan räumte zwar ein, die Textstelle stehe in einem historischen Kontext, dennoch sei es "doof" gewesen, sie ans Ende eines Gebets für den Frieden zu stellen.
(KNA - okqlm-89-00078)
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