Reform der Optionspflicht: Praktiker verlangen Ergänzungen
KNA 23.06.2014
Berlin (KNA) Der Regierungsentwurf zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ist bei einer Sachverständigenanhörung kaum auf grundsätzliche Bedenken gestoßen. Einzig die Frankfurter Verfassungsrechtlerin Astrid Wallrabenstein äußerte verfassungsrechtliche Vorbehalte und sprach sich für den Wegfall der Optionspflicht aus. Verwaltungsfachleute verlangten vom Gesetzgeber mehrere Ergänzungen, um Behörden und Gerichte zu entlasten. Der Vertreter der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, forderte ebenfalls, die Optionspflicht aufzuheben und die Mehrstaatlichkeit zuzulassen. Dies sehen Gesetzentwürfe der Opposition vor, die ebenfalls Gegenstand der Anhörung waren.
Bislang müssen sich Kinder ausländischer Eltern bis zum 23. Geburtstag zwischen der Staatsangehörigkeit der Eltern und der deutschen entscheiden. Nach dem Entwurf von Union und SPD sollen sie künftig davon befreit werden, wenn sie bei Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland lebten oder sechs Jahre zur Schule gingen oder über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung verfügen. Eine Härtefallklausel regelt Sonderfälle. Grüne und Linke fordern eine Aufhebung der Optionspflicht und die doppelte Staatsbürgerschaft.
Nach Ansicht von Cinar handelt es in erster Linie um eine politische Frage. Die Gewährung der Staatsbürgerschaft sei Motor der Integration und Instrument der rechtlichen Gleichstellung. Vor allem Türken sähen in der Ablehnung der Mehrstaatlichkeit eine Ablehnung ihrer Herkunft. Die Optionsregelung stürze viele von ihnen in einen emotionalen Konflikt.
Der Heidelberger Jurist Bernd Grzeszick begrüßte die Beibehaltung der Optionspflicht. Der Staat gewähre zunächst einen Vorschuss. Die spätere Entscheidung sei zumutbar und vermeide Konflikte rechtlicher, tatsächlicher oder politischer Art. Der Bonner Staatsrechtler Christian Hillgruber stimmte dem zu. Die doppelte Staatsbürgerschaft biete Betroffenen zwar große Vorteile, sie könne aber auch zu Loyalitätskonflikten führen. Zudem sah er darin eine "fragwürdige Privilegierung der Doppelstaatler" etwa beim Wahlrecht. Sie müsse deshalb die Ausnahme bleiben.
Nach Einschätzung von Wallrabenstein geht es bei der Vorlage von Union und SPD eigentlich um Gründe für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Damit sei der Regierungsentwurf aber weder völlig konform mit dem EU-Recht noch mit dem Verfassungsrecht.
Aus Sicht der Praktiker begrüßte Andreas Deutschle vom Amt für öffentliche Ordnung in Stuttgart den Regierungsentwurf als "wesentliche Verbesserung". Auch Martin Jungnickel vom Regierungspräsidium Darmstadt, sagte die Reform sei "in toto eine sehr große Entlastung". Er mahnte den Gesetzgeber aber die Regelungen für "Altfälle" zu schaffen und für jene fünf Jahrgänge, die von einem Übergangszeitraum betroffen wären. Ohne klare Vorgaben seien zahlreiche Gerichtsverfahren zu erwarten.
(KNA - okqmn-89-00064)
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