Islamischer Unterricht an katholischen Grundschulen
KNA 26.02.2014
Islamischer Unterricht an katholischen Grundschulen
Bistümer in NRW schlagen neue Regeln für Bekenntnisschulen vor
Von Andreas Otto (KNA)
Düsseldorf (KNA) Ein brisanter Fall: Laut Gerichtsurteil durfte eine katholische Bekenntnisgrundschule in Paderborn im vorherigen Jahr einen muslimischen Jungen ablehnen, weil die Eltern ihn nicht am Religionsunterricht teilnehmen lassen wollten. Deshalb wird der Junge an einer anderen, weiter entfernten Schule unterrichtet. Auch die Kirchen verspüren Unbehagen darüber. Zwar soll es beim verpflichtenden Religionsunterricht an den Bekenntnisschulen bleiben. Dennoch arbeiten die Kirchen an Lösungen, dass sich solche Konflikte möglichst nicht wiederholen.
Das Beispiel Paderborn verdeutlicht die Krux der Bekenntnisgrundschulen, die es in dieser Form nur in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen gibt. Dabei handelt es sich um religiös ausgerichtete Schulen, aber in staatlicher Trägerschaft. In NRW gibt es fast 1.000 solcher in der Landesverfassung abgesicherter Schulen: 911 katholische, 76 evangelische und 2 jüdische. Insgesamt machen sie etwa ein Drittel aller Grundschulen in NRW aus. Sie wurden in der Nachkriegszeit entsprechend den damaligen religiösen Proportionen eingerichtet.
Doch die Zeiten haben sich geändert: Die Zahl kirchlich gebundener Schüler sinkt, weshalb es in einigen Regionen nun zu viele Bekenntnisschulen gibt. Zudem sind heute viele Schüler Muslime, die mancherorts - wie in der Bischofsstadt Paderborn - keine neutrale Gemeinschaftsgrundschule in der Nähe wählen können. Dies empfinden nicht nur die Politiker als Dilemma, sondern auch die Kirchen. Die rot-grüne Landesregierung drängt auf eine Änderung, strebt dabei aber eine einvernehmliche Lösung mit den fünf katholischen Bistümern und drei evangelischen Landeskirchen in NRW an.
Nun haben die Diözesen ihre Vorstellungen in ein Positionspapier gegossen, das dem Vernehmen nach auch in der evangelischen Kirche auf positive Resonanz stößt. Die Vorschläge laufen darauf hinaus, Bekenntnisschulen als Wahlalternative zu sichern. Die Kirche will sich aber nicht dagegen sperren, Monopolstrukturen aufzulösen.
Bislang kann laut Gesetz die Umwandlung einer Bekenntnisschule erfolgen, wenn zwei Drittel der Eltern dem zustimmen. SPD und Grüne votieren dafür, diese Schwelle auf "Richtung 30 Prozent" zu senken - und könnten dies theoretisch auch mit ihrer Mehrheit durchsetzen. Die Bistümer bieten nun Verhandlungen über die Umwandlungsquote an, ohne aber eine konkrete Zahl zu nennen.
Auch in einem anderen Punkt signalisiert die Kirche Gesprächsbereitschaft. Bislang muss eine Umwandlung von den Eltern angestoßen werden. Künftig sollen auch Träger oder Schulaufsicht die Initiative ergreifen können. Im Gegenzug lehnen die Bistümer es aber strikt ab, dass eine Grundschule automatisch ihren Bekenntnisstatus verliert, wenn die Zahl der konfessionsgebundenen Schüler unter ein bestimmtes Level fällt. So ist es in Niedersachsen, wenn über vier Jahre weniger als 30 Prozent der Schüler der jeweiligen Konfession angehören. Die NRW-Bistümer können sich durchaus einen Unterricht unter diesen Bedingungen vorstellen. Selbstbewusst verweisen sie auf kirchlich ungebundene Eltern, die sehr wohl die katholische Werteerziehung schätzen. Zudem wollen sie die katholischen Schulen für andere Konfessionen und Religionen öffnen. Sofern es zwölf Schüler eines fremden Bekenntnisses gibt, sollen diese ihren eigenen Religionsunterricht bekommen. Das kann dazu führen, dass auch islamischer Religionsunterricht erteilt wird.
Wunsch der Kirche ist es auch, mehr Grundschulen in eigener Trägerschaft gründen zu können - etwa wo es zu wenige Bekenntnisschulen gibt. Das ist derzeit aber nur ausnahmsweise und in wenigen Fällen erlaubt.
Übrigens: Flexibilität wollen die NRW-Bistümer auch bei der Lehrerschaft zeigen und ganz offiziell auch konfessionslose und nichtkatholische Lehrer akzeptieren, wenn sie das Schulprofil mittragen. Nicht akzeptiert werden aber Pädagogen, die aus einer Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) ausgetreten sind. Für die Schulleiter soll nach wie vor gelten, dass sie der katholischen Kirche angehören - und für das unverwechselbare Profil der Schule sorgen.
(KNA - okmmp-89-00167)
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