Islamkritiker: Urteil in Ägypten macht Muslimbrüder zu Märtyrern
KNA 29.04.2014
Berlin (KNA) Der islamkritische Autor Hamed Abdel-Samad hat die Urteile gegen 683 Mitglieder der Muslimbruderschaft in Ägypten kritisiert. Der ägyptische Staat produziere mit solchen Entscheidungen islamistische Märtyrer. "Plötzlich redet man nicht mehr über die vielen Terroranschläge, die die Muslimbrüder verübt haben, sondern sie werden jetzt als Opfer stilisiert", sagte der Deutsch-Ägypter der "Schwäbischen Zeitung" (Dienstag).
Islamisten bräuchten immer Märtyrer, um für den nächsten Kampf zu mobilisieren, so Abdel-Samad. Für Ägypten sieht der Autor, von dem zuletzt das Buch "Der islamische Faschismus" erschien, noch einen langen Weg in Richtung Demokratie. "Die Scharia ist nach wie vor die Hauptquelle der Gesetzgebung, und die letzte Instanz, die so ein Urteil bestätigt, ist der oberste Mufti. Von daher ist dieses Urteil auch ein Teil dieser Problematik des islamischen Faschismus", sagte Abdel-Samad.
Er forderte, die Religion generell politisch zu entmachten: "In der modernen Gesellschaft sollte die Religion unter der Demokratie leben." Für die anstehenden Präsidentschaftswahlen in dem nordafrikanischen Land rechnet Abdel-Samad mit einem "haushohen" Sieg des ehemaligen Militärgenerals Abdel Fattah al-Sisi. Er sei extrem beliebt. "Ich bin mir aber nicht sicher, ob er in der Lage ist, diese Erwartungen zu erfüllen." Für die weitere Entwicklung brauche das Land vor allem Zeit, Geld und die Unterstützung des Westens. Diesen bezeichnete Abdel-Samad im Ägypten-Konflikt als "ratlos".
(KNA - okomt-89-00006)
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