Gauck: Sankt-Martins-Umzüge gehören zu Deutschland
KNA 22.05.2014
Berlin (KNA) Nach Auffassung von Bundespräsident Joachim Gauck darf Deutschland auch als Einwanderungsgesellschaft nicht auf die eigenen kulturellen Traditionen verzichten. Er warnte davor, Sankt-Martins-Umzüge oder Weihnachtsfeiern aus "falsch verstandener Rücksicht" umzubenennen oder abzuschaffen. In seiner Rede bei der Einbürgerungsfeier zum 65. Jahrestag des Grundgesetzes am Donnerstag in Berlin forderte er mehr gegenseitigen Respekt von den in Deutschland lebenden Religionen und Kulturen.
Gauck betonte: "Wer seine eigenen kulturellen Werte gering schätzt, wird kaum von Anderen Respekt dafür erhalten." Und wer vom Bundespräsidenten eine Weihnachtskarte bekomme, werde weiterhin "Frohe Weihnachten" lesen und nicht etwa "Season greetings". "Unser Land braucht Einwanderung", sagte Gauck, aber niemandem müsse bange sein, um das, was Deutschland ausmache.
Die Junge Islam Konferenz (JIK) hat die Forderungen Gaucks nach Vielfalt und Zusammenhalt begrüßt. "Die Worte des Bundespräsidenten bewegen, denn sie sind ein klares und langersehntes Bekenntnis zu einem neuen deutschen 'Wir'", sagte die Leiterin der Jungen Islam Konferenz, Esra Kücük. Für Menschen mit Einwanderungsgeschichte sei es befreiend, dass Integration als gesamt-gesellschaftliche Haltung begriffen werde.
Eine Einwanderungsgesellschaft sei immer auch eine Aushandlungsgesellschaft, so Gauck, etwa wenn es um den Bau von Moscheen gehe, um das Kopftuch im öffentlichen Dienst, oder um die Beschneidung von Juden und Muslimen. In manchen Fällen gebe es keinen zufriedenstellenden Kompromiss, in anderen sei ein Entgegenkommen nicht schwer. Hinter vielen Debatten stehe der Wunsch nach Anerkennung, Gleichberechtigung und Teilhabe. Der Vorsitzende der Linken in NRW, Rüdiger Sagel, hatte Ende vergangenen Jahres mit Blick auf einen hohen Anteil an Muslimen in Kitas verlangt, auf die christliche Figur des Sankt Martin zu verzichten. Den Mantel mit den Armen zu teilen sei eine überkonfessionelle Botschaft, daher solle man ein "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" feiern. Auch eine Kita im hessischen Bad Homburg hatte überlegt, das Martinsfest umzubenennen.
(KNA - okpmm-89-00061)
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