Boko Haram destabilisiert weiter den Norden Nigerias
KNA 08.04.2014
Kein Ende des Terrors in Sicht
Boko Haram destabilisiert weiter den Norden Nigerias
Von Katrin Gänsler (KNA)
Cotonou (KNA) In Nigeria hält der Terror der islamistischen Gruppierung Boko Haram unvermindert an. Obwohl die Regierung unter Präsident Goodluck Jonathan stets betont, Terrorismus müsse bekämpft werden, ist davon weiterhin so gut wie nichts zu spüren. Es ist ein vernichtendes Fazit, das die "International Crisis Group", eine Nichtregierungsorganisation für politische Analysen, in ihrem jüngsten Bericht über Nigeria zieht.
Die Experten der Organisation mit Sitz in Brüssel geben trotz groß angelegter Einsätze des Militärs im Kampf gegen die Terroristen keinerlei Entwarnung, im Gegenteil: Ihnen zufolge könnte sich die Sicherheitslage im Norden des Landes weiter verschlechtern. In Nigeria soll im April 2015 gewählt werden. Schon jetzt dreht sich in der Politik alles nur noch um die Wahlen. Vor allem die Phase unmittelbar davor ist immer wieder von Spannungen und Auseinandersetzungen gezeichnet. Gezielte Angriffe durch Boko Haram könnten die Lage nun aber noch zusätzlich destabilisieren und für Unsicherheit sorgen.
Viele teilen die Ansicht, dass sich in Nigeria in den vergangenen Monaten wenig für eine bessere Sicherheitslage getan habe. Dabei herrscht seit mittlerweile knapp elf Monaten in den drei Nordbundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa der Ausnahmezustand. Er sollte dem Militär groß angelegte Einsätze ermöglichen.
Aus Sicht von Emmanuel Nnadozie Onwubiko, Nationaler Koordinator der Organisation "Schriftsteller für Menschenrechte" (HURIWA), verfährt die nigerianische Regierung allerdings weiterhin "nach der Taktik von Zuckerbrot und Peitsche" - undurchsichtig und wenig durchdacht. Ein weiteres großes Problem sieht er in einer "Strafverfolgung im Schneckentempo". Gerichtsprozesse seien langwierig; häufig komme es zu Unterbrechungen. "Man sollte darüber nachdenken, Sondertribunale einzuführen", sagt Onwubiko.
Doch schon die Verfolgung mutmaßlicher Boko-Haram-Mitglieder oder gar ihrer Drahtzieher stellt Nigeria offenbar vor große Probleme. Analysen der "International Crisis Group" kamen zum Ergebnis, das Terrornetzwerk habe sich in den vergangenen Monaten immer weiter in die Nachbarländer Niger und Kamerun ausgebreitet. Dafür spricht der jüngste Entführungsfall im Norden Kameruns: Dort wurden am Samstag eine kanadische Ordensfrau und zwei italienische Priester verschleppt.
Bekannt hat sich bislang noch niemand dazu. Es gilt aber als sehr gut möglich, dass die Gruppe Ansaru dahintersteckt, ein Ableger von Boko Haram. Bereits vor mehr als einem Jahr entführte sie eine französische Familie, die mittlerweile wieder freigelassen wurde, und im November einen französischen katholischen Priester.
Auch das gilt als besorgniserregende Entwicklung: Laut der "International Crisis Group" hat die Führungsspitze von Boko Haram um Abubakar Shekau - er galt bereits mehrfach als "möglicherweise" tot - kaum mehr Einfluss auf die Abspaltungen der Gruppe. Anfang 2013 kündigte Boko Haram zynisch an, man wolle sich verstärkt auf die Entführung von Ausländern sowie auf Anschläge auf internationale Einrichtungen konzentrieren.
Zur instabilen Lage trägt auch das nigerianische Militär selbst bei. Deutlich macht das ein Bericht der Nationalen Menschenrechtskommission, der am Montag veröffentlicht wurde. Darin wirft die Kommission der Armee gesetzeswidrige Tötungen auf der Suche nach mutmaßlichen Boko-Haram-Mitgliedern vor. Im September hatten Soldaten ein Gebäude in der Hauptstadt Abuja gestürmt, in dem sie Terroristen vermuteten. Sieben Menschen starben bei dem Angriff auf das sogenannte Apo-Gebäude. Unterstützer der Terrorgruppe waren die Opfer allerdings nicht.
Die nigerianischen Menschenrechtler erheben Zweifel, ob die Soldaten aus Selbstverteidigung handelten. Der Bericht sieht Widersprüche in der offiziellen Darstellung. Vorrang müsse der Schutz von Zivilisten haben. Sie fordern das nigerianische Militär nun auf, internationale Standards einzuhalten, die für bewaffnete Konflikte gelten.
(KNA - okoks-89-00085)
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