Zum zweiten Mal wird Nigerias Hauptstadt Ziel eines Anschlags
KNA 02.05.2014
Von Katrin Gänsler (KNA)
Abuja (KNA) Ein weiterer Bombenanschlag hat Nigerias Hauptstadt Abuja erschüttert. Nach offiziellen Angaben sollen mindestens 19 Menschen ums Leben gekommen sein, zahlreiche weitere wurden verletzt. Bisher hat sich noch niemand zu dem Anschlag in dem Vorort Nyanya bekannt. Vieles deutet aber auf die islamistische Terrorgruppe Boko Haram hin.
Am Morgen nach dem Attentat vom 1. Mai ist das Entsetzen noch immer groß. Die Explosion kam völlig unerwartet und traf schon zum zweiten Mal den gleiche Viertel. "Ich kam gerade vom Abendgebet aus der Moschee, als ich diesen fürchterlichen Lärm hörte. Zuerst dachte ich, dass ein Reifen geplatzt ist", sagt Haruna Angu Shraibu, traditioneller Chef des Stadtteils.
Noch immer fassungslos steht er am Anschlagsort. Er liegt schräg gegenüber der Moschee, in die Haruna Angu Shraibu immer zum Beten geht. Autowracks erinnern an die Detonation. Auf den Sitzen kleben Blutspuren. Die Scheiben sind zersplittert. Langsam wird der Platz, der direkt an der Einfahrt einer vierspurigen Schnellstraße liegt, aufgeräumt.
Die Anschlagsopfer, die überlebt haben, werden in verschiedenen Krankenhäusern der Stadt behandelt. Mehr als 60 sind es. Präsident Goodluck Jonathan hat am Freitagmorgen, so twittert sein Sprecher Reuben Abati, Sicherheitskräfte zu einem Sondertreffen geladen.
Sicherheit - das ist auch die größte Sorge in Nyanya. Erst am 14. April rückte der Stadtteil ins Zentrum der internationalen Berichterstattung. Anhänger der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram zündeten Sprengstoffladungen auf dem Busbahnhof. 74 Menschen starben, mehr als 120 wurden verletzt. Viele Opfer sind noch immer im Krankenhaus.
Ein Busbahnhof wie dieser scheint ein leichtes Ziel zu sein. Jeden Tag nutzen ihn viele tausend Menschen, wenn sie aus den umliegenden Dörfern zur Arbeit ins Zentrum fahren. Niemand kontrolliert die Passagiere. "Warum gibt es hier eigentlich keine Metalldetektoren? In der Stadt haben sie die doch auch", schimpft ein Anwohner, der aus sicherer Distanz die Aufräumarbeiten verfolgt. Der Ort des jüngsten Attentats liegt nur 200 Meter vom früheren Anschlagsziel entfernt.
Warum die Terroristen ausgerechnet Nyanya ausgesucht haben, weiß Haruna Angu Shraibu nicht. Er schüttelt den Kopf. "Vielleicht haben sie ihre Gründe." Auch darüber, wer hinter der Bluttat steckt, will er nicht spekulieren, jedenfalls nicht öffentlich. "Die Sicherheitskräfte arbeiten ja daran", sagt er vorsichtig. Alles deutet auf die islamistische Sekte Boko Haram hin.
Augenzeugen berichteten, die mutmaßlichen Attentäter seien in einem VW Golf gekommen. Auch bei vorherigen Anschlägen waren sie in Personenwagen vorgefahren und hatten dann ihre tödliche Fracht gezündet. Dass sie allerdings in einer solchen Häufigkeit in Abuja zuschlagen, ist neu. Ins Visier geriet die Stadt im Jahr 2011 mit Anschlägen auf das Polizeihauptquartier sowie das Gebäude der Vereinten Nationen. Danach konzentrierte sich Boko Haram allerdings wieder auf den Norden des Landes.
Zu voreiligen Schlüssen will sich auch die katholische Bischofskonferenz nicht hinreißen lassen. Bisher gebe es keine offizielle Stellungnahme, heißt es auf Anfrage. Man sei schockiert, sagen Mitarbeiter. Dabei treten derartige Vorfälle immer häufiger auf.
Noch immer befinden sich auch mehr als 230 Schülerinnen in der Gewalt von Boko-Haram-Mitgliedern. Vor gut zwei Wochen wurden die Mädchen aus einem Internat im Nordosten verschleppt. Es war eine Tat, die das Programm von Boko Haram widerspiegelt: "Westliche Bildung ist Sünde", lautet der Name sinngemäß übersetzt. Ziel der Gruppe ist, im ganzen Land die Scharia einzuführen. Als einen Kampf der Religionen sieht Haruna Angu Shraibu, der Quartierchef von Nyanya, die Anschläge aber nicht. Im Gegenteil: "Wir, Christen und Muslime gleichermaßen, verurteilen die Attentate aufs Schärfste." Dann wendet er sich noch einmal zu seiner Moschee um.
(KNA - okpkm-89-00054)
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