EU-Parlament erkennt Palästina mit großer Mehrheit als Staat an
KNA 17.12.2014
Von Kerstin Bücker (KNA)
Straßburg (KNA) Mit ihrer Anerkennung des Staates Palästina vom Mittwoch üben die EU-Parlamentarier sanften Druck auf die rund 4.000 Kilometer entfernten Konfliktparteien aus. Mit einer großen Mehrheit von 498 zu 88 Stimmen bei 111 Enthaltungen wurde der Entschließungsantrag zur Anerkennung am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg angenommen. Eine einheitliche europäische Linie - zumindest eine symbolische. Denn letztlich bleibt die Entscheidung zur Anerkennung in der Kompetenz der 28 Mitgliedstaaten.
Hinter dem Parlament liegen wochenlange Diskussionen, insbesondere zwischen Christ- und Sozialdemokraten: Schadet oder nützt die Anerkennung dem Friedensprozess? Die Diskussionen der Abgeordneten drehten sich immer wieder um diese Frage.
Mit der Anerkennung wird nun die Staatlichkeit laut Parlamentsentschließung "im Prinzip" unterstützt. Verwiesen wird dabei auf die Zwei-Staaten-Lösung und darauf, dass eine Anerkennung "Hand in Hand" mit fortgeschrittenen Friedensverhandlungen gehen müsse. Damit bindet das EU-Parlament die Anerkennung an Bedingungen mit dem Wunschziel Frieden. Mit dem Votum setzen die Abgeordneten auch ein Zeichen zur Unterstützung der US-Außenpolitik. Minister John Kerry versucht derzeit, die im April abgebrochenen Friedensgespräche wieder auf den Weg zu bringen.
Auch für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sei die breite Zustimmung ein klares Mandat für weiteres Handeln, sagte der Vorsitzende der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, nach der Abstimmung. Der EVP-Vorsitzende Manfred Weber sprach von einem "großen und vernünftigen Erfolg". Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, sagte nach der Abstimmung, es handele sich um einen historischen Tag, denn es sei kein Sieg einer Fraktion, sondern "ein Sieg des Friedens".
In dem Zehn-Punkte-Plan des EU-Parlaments zur "Anerkennung der palästinensischen Eigenstaatlichkeit" ist unter anderem festgehalten, dass die Bemühungen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der palästinensischen Regierung der nationalen Einheit unterstützt werden sollen. Gleichzeitig fordern die Parlamentarier alle palästinensischen Gruppierungen - einschließlich der Hamas - auf, die Zusagen der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) von 1993, den Staat Israel anzuerkennen, einzuhalten und die internen Spaltungen zu überwinden.
In der Entschließung äußert sich das Parlament besorgt über wachsende Spannungen und über die Zunahme von Gewalt. Die Konfliktparteien wurden aufgefordert, auf alle Handlungen zu verzichten, die die Tragfähigkeit und die Zukunftsaussichten einer Zwei-Staaten-Lösung gefährden könnten.
Auch wenn sich die EU-Parlamentarier nun als Volksvertreter der 28 Mitgliedsländer für eine (nicht bindende) Anerkennung ausgesprochen haben, um den Friedensprozess und die Zwei-Staaten-Lösung voranzutreiben: Schweden ist bislang das einzige Land, das als EU-Mitglied eine bedingungslose Anerkennung vollzogen hat; das war Ende Oktober.
Auch das französische Parlament hat sich Anfang Dezember für eine Anerkennung ausgesprochen. Vorher verlangt es aber als Vorbedingung eine Lösung des Nahost-Konflikts binnen zwei Jahren. Erst im Fall eines Scheiterns will es Palästina als Staat anerkennen. Das britische Unterhaus nahm im Oktober einen Antrag zu dieser Frage an: Die Abgeordneten fordern die Regierung auf, einen Palästinenserstaat anzuerkennen. Die spanischen und irischen Parlamente folgten diesem Beispiel.
In der EU ist die Unterstützung für Palästina allerdings im Osten am stärksten. Bulgarien, Malta, Polen, Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn legitimierten den Staat Palästina bereits vor ihrem EU-Beitritt. Weltweit erkennen mittlerweile 135 Länder einen Staat Palästina an. Deutschland, die USA und andere westliche Länder gehören nicht dazu. Sie wollen diesen Schritt erst tun, wenn sich Israel und die Palästinenser auf einen Friedensvertrag geeinigt haben.
(KNA - olmlr-89-00127)
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