Muslimische Verbände demonstrieren bundesweit gegen Terror
KNA 22.09.2014
Von Anna Mertens (KNA)
Berlin (KNA) Zwischen U-Bahn-Gleisen, Moschee und Geschäften erstreckt sich ein Meer an Gebetsteppichen, auch Plastik und Kartons liegen auf dem Boden. Darauf knien und sitzen mehr als 1.000 Muslime, die sich vor der Berliner Mevlana-Moschee zum traditionellen Freitagsgebet und der anschließenden Kundgebung eingefunden haben.
Nicht nur in Berlin beten Muslime an diesem Freitagnachmittag für Frieden. Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) hat bundesweit in seinen rund 2.000 Moscheen dazu aufgerufen, ein gemeinsames Zeichen zu setzen gegen Hass und Terror. In neun Städten, darunter Berlin, Hannover und München, finden Großkundgebungen statt, zu denen auch Vertreter aus Politik und Gesellschaft gekommen sind.
"Wir erleben, wie Menschen im Namen Allahs Grausamkeiten begehen, andere Menschen quälen, sie aus ihren Häusern vertreiben und ermorden", verliest KRM-Vorstandsmitglied Bekir Alboga die gemeinsame Erklärung. Diese Menschen handelten unter dem Banner des Propheten, aber zeigten in ihrem Tun, dass sie nicht verstanden hätten, was Allah offenbare. "Obwohl Allah keinen Unterschied zwischen den Menschen macht und sie im Jenseits alle nach ihrem Glauben und ihren Taten beurteilen wird, maßen Menschen es sich an, sich über andere Menschen zu stellen und über sie im Diesseits zu richten", betont Alboga.
Der Dachverband der vier größten muslimischen Verbände in Deutschland, zu denen der Zentralrat der Muslime, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, der Islamrat sowie der Verband Islamischer Kulturzentren zählen, erinnert in seiner Ansprache daran, dass der Islam zu einem friedvollen Miteinander aufrufe. Viele Muslime seien jedoch durch Anschläge auf Moscheen, unter anderem auf die Berliner Mevlana-Moschee, verunsichert. Als Alboga mit "Frieden sei mit allen", schließt, schwillt erst zögerlich dann immer lauter Applaus an. Junge Frauen mit und ohne Kopftücher, die am Rande der Gebetsteppiche stehen, filmen mit ihren Smartphones die Kundgebung.
Ömer Igac findet es gut, dass es eine Großdemonstration dieser Art gegen Hass und Terrorismus gibt. "Das Problem der muslimischen Gemeinschaft ist, dass es seit den Anschlägen am 11. September 2001 ein vorurteilsbehaftetes Bild des Islam gibt", sagt der 26-jährige Muslim und Betriebswirt. Dieses im Nachhinein zu korrigieren, sei enorm schwierig. Zudem sei es schade, dass jede Glaubensgemeinschaft einzeln gegen Extremismus und Terror demonstriere. "Warum setzen wir nicht gemeinsam ein Zeichen", fragt Igac.
Dieses Thema beschäftigt auch den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. Er ist als Gastredner in Berlin geladen, so wie der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, in Frankfurt oder Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) in Hannover. "Es wäre schön, wenn wir es in Zukunft hinbekämen, gemeinsam einzuladen und gegen Hass zu demonstrieren", sagt Schneider zu Beginn seiner Ansprache. Erneut wird laut applaudiert.
Zugleich dankt Schneider den muslimischen Verbänden dafür, dass sie sich so eindeutig von jeglicher Form des Antisemitismus und von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) distanzieren. "Sie sagen ohne Wenn und Aber, dass Islam und Terror nicht zusammenpassen", sagt er und fügt hinzu: "und wir glauben ihnen das auch. Wir unterstellen nicht, dass sie hier so reden und anders handeln". Erneut wird der Applaus lauter.
Auch die Vizevorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Claudia Lücking-Michel, ist zu der Mahnwache gekommen. Es sei wichtig, dass die Kirchen öffentlich machten, dass sie sich mit den Muslimen solidarisierten, sagt sie. "Es war auch gut, dass wir am Sonntag bei der Großkundgebung gegen Antisemitismus vor dem Brandenburger Tor vertreten waren", sagt Lücking-Michel.
(KNA - oktlt-89-00147)
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