Muslime kritisieren Kopftuch-Urteil

KNA 25.09.2014
Osnabrück (KNA) Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) bezeichnet das Kopftuch-Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt als "Rückschlag für die Integrationspolitik in Deutschland". Für die betroffene Krankenschwester, die gegen das Kopftuchverbot ihres Arbeitgebers, eines evangelischen Krankenhauses, geklagt hatte, sei das Urteil "eine persönliche Tragödie", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag). "Sie hat viele Jahre für diesen Arbeitgeber gearbeitet. Dass sie dies nun nicht mehr darf, weil sie ein Kopftuch trägt, ist menschlich tragisch und auch sozial bedauerlich."
Insgesamt, so Mazyek weiter, sei das Urteil allerdings "erwartbar" gewesen, stehe es doch "in einer Reihe mit weiteren Richtersprüchen, die den Sonderstatus der Kirchen in Deutschland bestätigen". Zugleich habe das Urteil "eine Schlagseite, was integrationspolitische Signale angeht". Man müsse die Frage stellen, "inwiefern eine solche Rechtsprechung noch zeitgemäß" sei, so Mazyek. "Heutzutage ist es Aufgabe von erfolgreichen Unternehmen, sich weltoffen aufzustellen."
Am Mittwoch hatte der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber ihren Angestellten das Tragen eines Kopftuchs verbieten können. Die Richter wiesen damit eine Berufungsklage der muslimischen Krankenschwester zurück. Allerdings forderten sie das zuständige Landesarbeitsgericht auf, zu klären, ob das Krankenhaus tatsächlich der evangelischen Kirche institutionell zugeordnet ist.
Die Krankenschwester hatte von ihrem Arbeitgeber die Erlaubnis eingefordert, während der Arbeitszeit ein Kopftuch zu tragen. Das Krankenhaus hatte dies untersagt. Zur Begründung verwies es auf seine konfessionelle Ausrichtung, die Richtlinien für den kirchlichen Dienst und die Dienstverordnung zur Personalhygiene. Diese schreibt vor, dass private Kleidung wie das Kopftuch im Krankenhaus nicht getragen werden dürfe.
Die katholischen Bischöfe begrüßten das Erfurter Urteil. "In staatskirchenrechtlicher Hinsicht stärkt das Urteil das verfassungsrechtlich abgesicherte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp.
Ähnlich äußerte sich der für Kirchenfragen zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz Josef Jung (CDU), im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag). Eine kirchliche Einrichtung dürfe verlangen, dass die Neutralität gewahrt werde, so Jung. "Es macht einen Unterschied, ob es sich um eine staatliche oder eine kirchliche Einrichtung handelt."
(KNA - oktmp-89-00002)

Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.