Türkische Religionsbehörde distanziert sich von Kinder-Ehen
KNA 16.01.2014
Istanbul (KNA) Vertreter der staatlichen Religionsbehörde in der Türkei haben sich von der in einigen Landesteilen verbreiteten Verheiratung von Minderjährigen durch islamische Geistliche distanziert. Imame des Religionsamtes beteiligten sich nicht an solchen Praktiken, erklärte die Gewerkschaft der Religionsamts-Mitarbeiter laut Medienberichten vom Donnerstag.
Anlass war der Tod einer 14-Jährigen im türkischen Südosten vor wenigen Tagen. Das Kind war laut Medienberichten im Alter von elf Jahren von ihrer Familie einem jungen Mann in einer sogenannten "Imam-Hochzeit", einer religiösen Zeremonie, zur Frau gegeben worden. Das Mädchen gebar zwei Kinder, von denen eines starb. Nun wurde die 14-Jährige tot aufgefunden; die Familie ihres Mannes geht von Suizid aus, die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet.
"Imam-Hochzeiten" haben in der Türkei offiziell keine Gültigkeit, werden aber von den beteiligten Familie häufig als bindend angesehen. Das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung in der Türkei liegt bei 17 Jahren. Mit richterlicher Genehmigung kann das Mindestalter in Ausnahmefällen auf 16 Jahre gesenkt werden. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen werden dennoch jährlich etwa 180.000 Mädchen unter dieser Altersgrenze verheiratet. Insgesamt leben demnach rund fünf Millionen Frauen in der Türkei, die unterhalb des gesetzlichen Mindestalters heirateten. Die Opposition in Ankara hat daher im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu mehr Engagement gegen Kinder-Ehen aufgefordert. Unter anderem fordert die Opposition, Imamen der staatlichen Religionsbehörde offiziell die Teilnahme an "Imam-Hochzeiten" zu untersagen.
(KNA - okllq-89-00063)
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