NRW will verfassungsrechtliche "Klarheit" über Gülen-Bewegung
KNA 12.02.2014
Düsseldorf (KNA) Nordrhein-Westfalen strebt eine "einheitliche Linie" der Verfassungsschutzbehörden im Umgang mit der islamischen Gülen-Bewegung an. "Mit Blick auf kritische Berichte über die Gülen-Bewegung brauchen wir Klarheit", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Mittwoch der Katholischen-Nachrichten-Agentur (KNA) in Düsseldorf. Es sei sinnvoll, die aktuelle Bewertung genau zu überprüfen, betonte der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK). Bisher werden die religiösen und sozialen Aktivitäten der Gülen-Bewegung in Deutschland nicht als verfassungs-feindlich eingestuft.
Zuletzt hatte der baden-württembergische Verfassungsschutz eine Überprüfung vorgenommen. Da-bei fand die Behörde nach eigenen Angaben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anhänger des Islam-Predigers Fethullah Gülen versuchten, die Demokratie in Deutschland zu beseitigen. Als prob-lematisch beurteilte der Verfassungsschutz aber die Haltung der Bewegung zu Religionsfreiheit und Gleichberechtigung.
In etlichen Medienberichten wurde in den letzten Monaten bezweifelt, dass die Gülen-Anhänger auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Die islamische Bewegung ist in etwa 140 Ländern aktiv und zählt schätzungsweise acht Millionen Anhänger. In Deutschland unterhält sie nach Angaben der ihr nahestehenden Stiftung "Dialog und Bildung" etwa 20 Schulen und 150 Nachhilfezentren. Die von Jäger angeregte Überprüfung soll nach Worten seines Sprechers "gründlich und ergebnisof-fen" erfolgen. Dafür hatte sich vor dem Minister bereits sein rheinland-pfälzischer Amtskollege Roger Lewentz (SPD) ausgesprochen. In der Debatte über die Bewegung sei von einem ausgeprägten türkischen Nationalismus mit konservativ islamischen oder islamistischen Komponenten die Rede, so Lewentz. In der Türkei wird den Anhängern Gülens erheblicher Einfluss auf Justiz und Polizei nach-gesagt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wirft dem im amerikanischen Exil lebenden Islam-Prediger Gülen vor, einen "Staat im Staat" bilden zu wollen.
Die Stiftung "Dialog und Bildung" wies Mutmaßungen über verfassungswidrige Aktivitäten der Bewegung energisch zurück. "Unser Engagement fußt auf Werten, die mit der demokratischen und rechts-staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland im Einklang stehen." In Schulen und Internaten der Bewegung würden Meinungs- und Religionsfreiheit, Toleranz, Gewaltfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau "gelebt und gelehrt". Die interkulturellen Vereine der Bewegung suchten die Zusammenarbeit mit Christen, Juden und anderen Partnern.
(KNA - okmlm-89-00006)
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