Studie: Viele islamistische Kämpfer haben ähnliche Lebensläufe
KNA 11.09.2014
Berlin (KNA) Radikale Islamisten, die aus Deutschland ausreisen um sich im Ausland einer dschihadistischen Gruppe anzuschließen, verfügen laut Bundesamt für Verfassungsschutz oft über ähnliche Merkmale und Lebensläufe. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Analyse der Behörde über 378 Ausreisende hervor, die der "Berliner Morgenpost" (Donnerstag) vorliegt. Darin wurden Personen erfasst, die Deutschland seit Mitte 2012 etwa Richtung Syrien oder den Irak verlassen haben. Der Analyse liegen Daten sämtlicher Länderpolizeien und Verfassungsschutzbehörden zugrunde.
Demnach sind mit einem Anteil von 89 Prozent die meisten Ausgereisten Männer. Die Jüngsten waren bei der Ausreise 15, der Älteste 64 Jahre alt. Jeder Dritte stammt aus der Gruppe der 21- bis 25-Jährigen. In Deutschland wurden rund 60 Prozent geboren. Als Geburtsländer folgen laut Bundesamt für Verfassungsschutz Syrien (acht Prozent), die Türkei (sechs Prozent), sowie der Libanon und Staaten der Russischen Föderation.
Einen deutschen Pass haben 233 der erfassten Ausgereisten, wobei 92 hiervon mindestens eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, etwa die marokkanische, türkische oder syrische. Unter den aus Deutschland ausgereisten Ausländern stellen türkische Staatsangehörige die größte Gruppe.
240 Ausreiser wurden als Muslime geboren. Von 54 Personen ist bekannt, dass sie, meist deutsch-stämmige, Konvertiten sind. Ein Viertel der untersuchten Menschen besuchte unmittelbar vor der Ausreise eine Schule, wie aus der Analyse weiter hervorgeht. 26 Prozent verfügen über einen Schulabschluss. Eine Ausbildung haben sechs Prozent zu Ende gebracht, ein Studium zwei Prozent. 20 Prozent der untersuchten Personen waren zum Zeitpunkt ihrer Ausreise arbeitslos. Einer Beschäftigung gingen nur zwölf Prozent nach, die meisten als Geringqualifizierte mit einem Job im Niedriglohnsektor. Eine Affinität zu Gewalt zeigten viele der Ausgereisten, bereits bevor sie sich der Ideologie des militanten Dschihad zuwandten. 117 von ihnen begingen bereits Straftaten, bevor sie sich radikalisierten, meist waren es Gewalt-, aber auch Eigentums- oder Drogendelikte.
Wie die Studie des Bundesamtes für Verfassungsschutz weiter zeigt, hat die Radikalisierung der Ausgereisten fast ausnahmslos in der Salafistenszene begonnen, etwa in Moscheen, die den Behörden als salafistisch bekannt sind, auf sogenannten "Islamseminaren" oder salafistischen "Benefizveranstaltungen". Die salafistischen Koran-Verteilungen, die bundesweit unter dem Motto "Lies!" laufen, spielten bei etwa jeder fünften Radikalisierung eine wichtige Rolle.
Polizei oder Verfassungsschutz erkannten die Radikalisierung nur bei jedem dritten der später Ausgereisten, von den Eltern waren es sogar nur rund 23 Prozent. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz ist etwa ein Drittel der aus Deutschland Ausgereisten mindestens zwischenzeitlich und zeitweise nach Deutschland zurückgekehrt. Definitive Erkenntnisse, dass sie an Kampfhandlungen beteiligt waren, liegen allerdings nur bei etwa 25 Personen vor. 40 aus Deutschland ausgereiste Islamisten sind den Informationen zufolge in Syrien gestorben.
(KNA - oktll-89-00002)
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