Debatte um verschärfte Ausweisungsregeln für Islamisten
KNA 11.08.2014
Berlin (KNA) Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Jesiden und Islamisten in Deutschland haben eine neue Debatte über den Umgang mit Islamisten entfacht. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) forderte ein Überdenken der Gesetze bei deutschen Rückkehrern aus islamistischen Kampfgebieten im Ausland. Potenzielle deutsche Islamisten könnten bei einem konkreten Verdacht auf terroristische Anschläge an der Einreise gehindert werden, sagte de Maiziere am Montag im MDRinfo. Ohne Verdacht und klare Nachweislage sei es bei einem nicht vorbestraften Deutschen aber schwierig. "Wir müssen darüber nachdenken, ob dort eine Änderung von Rechtslagen geboten ist." Es gebe eine Arbeitsgruppe der Innenminister von Bund und Ländern, ob man gegebenenfalls im Vorfeld einer Ausreise sogar den Personalausweis entziehen könne.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sprach sich klar für eine Verschärfung des Ausländergesetzes aus, um Islamisten leichter ausweisen zu können. "Wir dürfen nicht an der falschen Stelle tolerant sein", sagte er der "Berliner Zeitung" (Montag). Die Freiheitsrechte, die der Staat gewähre, dürften nicht benutzt werden, die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzugreifen und gegen Andersgläubige zu hetzen. "Die Hürde für Ausweisung und Abschiebung ausländischer Staatsbürger liegt zu hoch", sagte Bosbach.
Dagegen wandte sich der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, gegen eine Verschärfung der Regeln. "Der bunte Strauß an Forderungen aus der Union von Ausbürgerung bis Einreiseverweigerung zeigt, man will Stimmung machen und hat kein Konzept", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). Stattdessen könnten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im Einzelfall eine geeignete Maßnahme zur Gefahrenabwehr sein. So könne etwa der Reisepass eingezogen und der Personalausweis mit einem gut sichtbaren Sperrvermerk zu seiner räumlichen Begrenzung versehen werden.
Auch die Linkenpolitikerin Ulla Jelpke verlangte mehr Prävention, statt direkte Ausweisungen. "Die Forderung nach verschärften Ausweisungsregeln ist pure Symbolpolitik und zudem reichlich konzeptlos. Wohin sollen denn die ausgewiesenen Islamisten?", so Jelpke. Stattdessen brauche es Strategien zur Prävention und zur Wiedereingliederung.
Der Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, forderte in der "Mitteldeutschen Zeitung" ein stärkeres Eingreifen der deutschen Sicherheitsbehörden. Sie bräuchten mehr Personal und bessere rechtliche Möglichkeiten, um gewalttätige Gruppen zu überwachen. In Zusammenarbeit mit der Türkei müsse auch dafür gesorgt werden, dass Dschihadisten an der Ausreise nach Syrien gehindert würden.
Mit Blick auf gewalttätige Auseinandersetzungen in Deutschland sagte Steinberg, der Konflikt zwischen dschihadistischen Gruppen und ihren Gegnern bilde sich immer häufiger auch in der deutschen Innenpolitik ab. Ausweisungen seien dabei oft kein geeignetes Mittel: Die Auseinandersetzungen würden getragen von deutschen Staatsbürgern, von Doppelstaatlern und Leuten mit gesichertem Aufenthaltsstatus.
(KNA - oksll-89-00051)
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