Verfassungsschutz besorgt über wachsende Salafisten-Szene
KNA 27.10.2014
Berlin (KNA) Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, zeigt sich besorgt über ein Erstarken der radikalen Salafisten-Szene in Deutschland. Inzwischen zählten rund 6.300 Personen zu dieser Gruppe, Tendenz steigend; noch vor wenigen Jahren seien es rund 2.300 gewesen, sagte Maaßen am Wochenende im rbb-Inforadio. Vor allem Jugendliche fühlten sich vom Salafismus angezogen, da er offenbar für Menschen in einer Umbruchsituation attraktiv sei und klare Lebensvorgaben mache. Salafisten vermittelten Jugendlichen mit den vier "M" - "Männlich, muslimisch, Migrationshintergrund, Misserfolge in der Pubertät, der Schule oder in der sozialen Gruppe" - das Gefühl, zu einer Avantgarde zu gehören, "vom Underdog zum Topdog zu werden", sagte Maaßen.
Aus der Salafisten-Szene heraus sind nach Angaben des Verfassungsschutzes inzwischen mehr als 450 vorwiegend junge Menschen in den Krieg nach Syrien gezogen, "sieben bis zehn" davon hätten Selbstmordanschläge begangen. 150 Rückkehrer habe man registriert. Deren Gefährlichkeit für Deutschland sei oft aufgrund mangelnder Informationen über die Zeit in Syrien schwer einschätzbar. "Nicht jeder Verdacht reicht aus, um das volle Instrumentarium ausfahren zu können, um diese Personen unter Kontrolle halten zu können", sagte Maaßen. Das sehe der Rechtsstaat nicht vor, weshalb man "mit der Gefahr, die von diesen Leuten ausgeht, leben muss. Wir können unseren Rechtsstaat nicht in der Weise strangulieren, dass diese Personen unter jegliche Kontrolle gestellt werden."
Das "zentrale Problem" sei, aufzuklären, was diese jungen Menschen in Syrien getan hätten, betonte Maaßen. Dabei helfe eine neue Strafrechtsnorm nicht weiter, sondern nur, "neue Erkenntnisquellen zu erschließen". Er habe den Eindruck, dass man im Bereich der Politik glaube, durch eine Gesetzesänderung könne man ein Problem schneller lösen. Hier sollte man nicht in erster Linie an die Repression denken. Ein neuer Straftatbestand "mag einen Beitrag leisten", so der Verfassungsschützer. Wichtiger sei aber die Prävention, "dafür zu sorgen, dass diese 'Menschenfänger', die auf Marktplätzen auftreten, vor Schulen stehen und Korane verteilen, dass diese Leute keine Zugänge mehr haben zu jungen Menschen."
(KNA - olkmq-89-00031)
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