Syrisch-katholischer Patriarch fordert ein säkulares Syrien
KNA 31.01.2014
Syrisch-katholischer Patriarch fordert ein säkulares Syrien Frankfurt (KNA) Der syrisch-katholische Patriarch Ignace Youssif III. Younan hat sich für die Errichtung eines säkularen Bundesstaates Syrien ausgesprochen. "Die Dominanz einer Partei löst das syrische Problem nicht", sagte der Patriarch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag) vor dem Abschluss der Syrien-Konferenz in der Schweiz. Zugleich betonte der Geistliche, dass alle internationalen Konferenzen vergeblich seien, "wenn der Kampf um Syrien mit ausländischen Geldern und Dschihadisten geführt wird". Dem Westen warf Ignace Youssif III. vor, jahrzehntelang eine zu passive Haltung gegenüber dem politischen Islam eingenommen zu haben. Vor allem Saudi-Arabien habe in der jüngeren Vergangenheit seinen Einfluss gesteigert und seine Interpretation des Islam im Nahen Osten und Nordafrika verbreitet. Demnach bestimme die Religion alle Aspekte des Lebens. Dieses "religiöse Dogma, welches wir als salafistisch, wahabitisch und durchaus auch als terroristisch bezeichnen können", hätten vor allem Gastarbeiter aus gemäßigteren arabischen Ländern von Saudi-Arabien aus bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer getragen. Dagegen würden Christen die Auffassung vertreten, das Politik und Religion strikt getrennt gehörten, erläuterte Ignace Youssif III. "Wenn es nach mir ginge, sollte sich kein religiöses Oberhaupt ins Privatleben der Bürger einmischen." Der mit Rom verbundene syrisch-katholische Patriarch von Antiochia ist Oberhaupt für weltweit rund 160.000 Gläubige. Die meisten von ihnen - rund 65.000 - leben in Syrien, viele weitere im Irak, Libanon und den USA. Sitz des Patriarchen ist Beirut, die Hauptstadt von Syriens Nachbarstaat Libanon. Im Interview mit der Zeitung wies Ignace Youssif III. Darstellungen zurück, wonach Christen das Regime des amtierenden Präsidenten Baschar al-Assad unterstützten. "Wir wollen das Beste für unser Land und das syrische Volk, dem es vergleichsweise gut ging." Sicher sei eine "Kurskorrektur" etwa in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit nötig, betonte der Patriarch. "Trotzdem sage ich, das politische System in Syrien war nicht so schlimm, dass wir es mit aller Gewalt stürzen müssten." Die Zukunft der Christen im Nahen Osten malte Ignace Youssif III. in düsteren Farben. Immer wieder gerieten sie "zwischen die Mühlsteine" von sich radikalisierenden islamische Kräften. Zwar würden auch Muslime Opfer von Fanatikern, "aber sie sind Opfer von Konflikten innerhalb ihrer eigenen Religion", so der Patriarch. Bei den Christen sei das anders: "Wir zahlen einen hohen Preis, ohne dass wir eine Partei in diesem Konflikt sind." Er gehe davon aus, dass weiterhin Christen aus dem Nahen Osten ihre Heimat verließen, weil sie dort keine Zukunft mehr für sich und ihre Familien sähen, sagte der Patriarch. Dabei spiele diese Gruppe eine wichtige und historisch gewachsene Rolle. "Wir müssen in dieser Region bleiben wie die Hefe im Teig." Von westlichen Staaten zeigte sich Ignace Youssif III. enttäuscht. "Wenn wir die westliche Politik den Christen im Nahen Osten gegenüber betrachten, hat man nicht den Eindruck, dass dem Westen besonders daran liegt, dass die Christen in dieser Region bleiben." Das Gespräch mit dem Patriarchen führte der in Deutschland lebende syrische Dichter Fouad El-Auwad.
(KNA - oklnl-89-00018)
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