Bundesweit erster "Tag des christlich-islamischen Dialogs"
KNA 12.05.2014
Von Ulrich Wilmes (KNA)
Krefeld (KNA) Strömender Regen, Großbaustellen vor dem Veranstaltungszentrum, davor eine "Bushaltestelle des Dialogs" - die rund 1.200 Teilnehmer am bundesweit ersten "Tag des christlich-islamischen Dialogs" an diesem Wochenende in Krefeld standen zunächst vor einigen Hürden. Doch bald schon kamen die Gespräche am Samstag in Gang. Von Podiumsdiskussionen bis zu Koran-Bibel-Meditationen - die Auswahl der 60 Veranstaltungen war groß, ebenso wie das Bedürfnis, den Dialog zwischen Christen und Muslimen voranzubringen.
"Die Gemeinsamkeiten und der Austausch über Religionen sind ein wichtiger Baustein zum Funktionieren unserer Gesellschaft", sagte die stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) zum Auftakt der Veranstaltung. Krefelds Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) ergänzte: "Wir brauchen hier wie überall noch viele Brücken, damit Barrieren aus Unwissenheit und natürlicher Skepsis gegenüber dem Unbekannten überwunden werden können."
Zwischen Debatten und der Rundfahrt zu sieben christlichen und islamischen Gotteshäusern, die an der "Bushaltestelle des Dialogs" startete, wurde bald klar: Das Gespräch der Religionen verlangt beharrliche Arbeit, oder, wie es der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, formulierte: Es geht nicht um eine "Friede, Freude, Eierkuchen-Mentalität".
So analysierte im Workshop "Moscheebau-Lernen aus Konflikten" Christoph Hohage von der Fachhochschule Dortmund, welche Reaktionen Moscheebauprojekte zwischen Dortmund, Köln und München im vergangenen Jahrzehnt auslösten. Gerade dort, wo konkurrierende Moscheevereine verschiedene Großbauten in unmittelbarer Nähe errichten wollten, erklärte der Wissenschaftler, könne es zu Konflikten und Überfremdungsängsten bei der deutschen Bevölkerung kommen.
Weniger um harte Dialogarbeit als um Einstellungen im Kopf ging es beim Mitmach-Forum "Ebru-Malerei". Die 45-jährige Sevim Öztürk leitete Gäste an, nach osmanischer Technik Naturfarben in einem Bindemittel aus Meeresalgen zu mischen und später persönliche Gefühle auf kostbarem Papier auszudrücken. Was das mit christlich-islamischen Dialog zu tun hat? Oztürk erklärt es so: "Jeder hat ein Recht auf Gefühle und Leben. Solche Gefühle zu zeigen ist ein erster Schritt hin zu Allah und Gott."
Gleich nebenan sangen Grundschulkinder der Krefelder Regenbogenschule "Danke für diesen guten Morgen" auf Deutsch und Türkisch. "Unser Weg zum Dialog", erläutert Schulleiter Alfred Kuhn, "war nicht leicht." Rund zehn Jahre habe es gedauert, bis Lernen, Feiern und vier jährliche Gebete im Jahreskreis zum Alltag der multinationalen Schule mit 60 Prozent Zuwandererkindern gehörten. Kuhn weiß: Dialog muss man sorgsam anbahnen, Gelegenheiten dann aber entschlossen bei den Hörnern packen. "Erst unsere Begegnung in der Moschee hat den Religionen an unserer Schule gegenseitig Türen eröffnet." Passend dazu betonte der Aachener Weihbischof Johannes Bündgens Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen im alltäglichen Zusammenleben, etwa bei der Bildungsarbeit oder der Kita-Erziehung.
Veranstaltet wurde der Tag von der Christlich-Islamischen Gesellschaft in Kooperation mit den fünf katholischen Bistümern in Nordrhein-Westfalen, der rheinischen und westfälischen Landeskirche sowie muslimischen Verbänden und Gemeinschaften. Die Schirmherrschaft hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) übernommen.
Der Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Gesellschaft, Thomas Lemmen, zog eine positive Bilanz. Das interreligiöse Gespräch voranzubringen, könne aber nicht nur das Anliegen von einzelnen Organisationen oder Initiativen sein, betonte Lemmen. Gefragt seien mehr finanzielle und politische Unterstützung: "Alle sagen: 'Dialog ist wichtig', aber keiner will dafür zahlen." Der Appell tat der guten Stimmung keinen Abbruch - genauso wenig wie der Dauerregen. Im Gegenteil: Für die vor sechs Wochen gepflanzten Eichen und Linden im "Wald des Dialogs" war das Nass von oben ein Segen.
(KNA - okpll-89-00052)
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