Katholische Bischöfe: Militärisches Eingreifen im Irak möglich
KNA 25.08.2014
Bonn/Würzburg (KNA) Die katholischen Bischöfe Deutschlands halten militärisches Eingreifen gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" und die Lieferung von Waffen unter bestimmten Umständen für gerechtfertigt. Sie riefen am Montag in Bonn zur humanitären Hilfe für Flüchtlinge und bedrohte Minderheiten im Irak auf. Zugleich warnten sie vor Vorurteilen gegenüber dem Islam. Andererseits müsse sich die "überwältigende Mehrheit der friedliebenden Muslime der Frage stellen, welche Faktoren den beängstigenden Entwicklungen in der eigenen Religionsgemeinschaft zugrunde liegen".
"Militärische Maßnahmen, zu denen auch die Lieferung von Waffen an eine im Konflikt befindliche Gruppe gehört, dürfen niemals ein selbstverständliches und unhinterfragtes Mittel der Friedens- und Sicherheitspolitik sein", erklärten die Bischöfe im Anschluss an ein Treffen ihres Ständigen Rates in Würzburg. "Sie können aber in bestimmten Situationen auch nicht ausgeschlossen werden, sofern keine anderen - gewaltfreien oder gewaltärmeren - Handlungsoptionen vorhanden sind, um die Ausrottung ganzer Volksgruppen und massenhafte schwerste Menschenrechtsverletzungen zu verhindern."
Die Bischöfe erinnern in diesem Zusammenhang an eine rechtliche Pflicht der Staaten, gegen Völkermord aktiv tätig zu werden. Es gebe die sogenannte "Schutzverantwortung" (responsibility to protect) zur Abwehr schlimmster, viele Menschen bedrohender Verbrechen. Diese Maßgabe entspreche den Grundsätzen der katholischen Lehre über den gerechten Frieden.
Zum Islam erklären die Bischöfe, sie stellten sich auch weiterhin "all jenen entgegen, die das Feindbild eines seinem Wesen nach gewalttätigen Islam propagieren. Islam und ISIS sind nicht dasselbe". Vielmehr tobe in der muslimischen Welt selbst ein hitziger, manchmal erbarmungsloser Kampf um das rechte Verständnis der eigenen Religion. Zu Recht werde immer wieder auf die große Zahl der Muslime hingewiesen, die Opfer dieses Konflikts werden. "Hier sind die muslimischen Religions- sowie Staatsführer in besonderer Weise gefordert, Position zu beziehen."
Mit Blick auf die Lage der Christen und der jesidischen Minderheit fordern die Bischöfe ein Ende des Terrors und der Vertreibungen. "In der Folge von Zwangskonversionen, Vertreibung und Mord stehen die Christen und die kleine Glaubensgemeinschaft der Jesiden im Herrschaftsgebiet der Terror-Milizen vor der Auslöschung."
Die Opfer der Katastrophen im Mittleren Osten brauchten unmittelbare humanitäre Unterstützung, verlangt die Bischofskonferenz. Gefordert seien nicht nur die Staaten, sondern auch jeder einzelne Bürger, der durch Spenden oder die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen helfen könne.
(KNA - oksmp-89-00102)
Kardinal Marx: "Brutale Aggression" im Irak stoppen
KNA 25.08.2014
München (KNA) Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, appelliert an die internationale Gemeinschaft, die "brutale Aggression" der IS-Milizen im Irak gegen Minderheiten zu stoppen. Gemeinsam müssten dafür Wege und Mittel gefunden werden. Das aber ist nicht Sache der Kirche, wie Marx am Sonntag bei einem Solidaritätsbesuch in der chaldäischen Gemeinde in München betonte. Allerdings seien militärische Mittel durchaus geboten, um einem Aggressor in den Arm zu fallen, damit dieser nicht weiter Völkermord begehen könne.
Die katholische Kirche in Deutschland wolle humanitär den Betroffenen helfen, sagte der Erzbischof von München und Freising. Einige Bistümer hätten dies schon getan, auch die Caritas und Misereor seien im Nordirak für die Flüchtlinge im Einsatz. Wichtig sei, dass alles getan werde, damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben oder später auch zurückkehren könnten. Die Menschen müssten die Möglichkeit haben, dort leben zu können, wo sie aufgewachsen seien und wo ihre Kultur sei.
Zugleich rief Marx zum Gebet für die Opfer von Gewalt und Vertreibung auf. Das Gebet sei die "spirituelle Waffe", das die Christen untereinander verbinde. Mit seinem "spontanen Besuch" bei der chaldäischen Gemeinde habe er ein Zeichen der Solidarität setzen wollen. Ihre Mitglieder sollten sehen, wie die Menschen mit ihnen und ihren Angehörigen im Irak mitlitten. "Wir alle sind erschüttert über die barbarische Gewalt", unterstrich der Kardinal.
Nach den Worten des Seelsorgers der chaldäischen Gemeinde in München, Pfarrer Sami Danka, ist von den Aggressionen der IS besonders die Stadt Mossul betroffen. Im Jahr 2003 lebten dort rund 500.000 Christen, mittlerweile habe sich ihre Zahl auf 100.000 verringert. Nun seien die letzten geflüchtet. Die Zahl der ermordeten Christen gehe "in die Tausende".
Im Bistum Erbil würden derzeit etwa 30.000 Katholiken gezählt sowie in Dehok rund 10.000. Ohne Papiere, die ihnen die Milizen abgenommen hätten, seien sie oft nur mit der Kleidung am Leib auf der Flucht. Um überleben zu können, werde finanzielle Unterstützung und psychologische Begleitung benötigt.
Die irakischen Christen gliedern sich in mehrere Konfessionen. Die größte Gruppe bilden die mit Rom unierten Kirchen, darunter die katholischen Chaldäer als mit Abstand wichtigste christliche Denomination mit früher rund 200.000 Mitgliedern.
(KNA - oksmo-89-00043)
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