Kampf gegen Terrorismus zeigt bislang wenig Erfolge
KNA 27.12.2013
Von Katrin Gänsler (KNA)
Abuja (KNA) Auch der jüngste Anschlag passt ins neue Profil von Boko Haram. In Bama, einem Städtchen in Nigerias Bundesstaat Borno im Nordosten des Landes, griffen die Terroristen kurz vor Weihnachten eine Kaserne an. Mindestens 20 Menschen starben. Bei einem Gegenschlag tötete die Armee mehr als 50 Kämpfer der Terrorgruppe. Bereits knapp drei Wochen zuvor hatten 300 mutmaßliche Anhänger von Boko Haram auf einem Luftwaffenstützpunkt in Bornos Hauptstadt Maiduguri zugeschlagen. Dabei hatte die Gruppe in den vergangenen Monaten Militäreinrichtungen und Polizeistationen eher gemieden und sich auf entlegene Dörfer und Schulen konzentriert: Orte, wo es meist so gut wie keine Militär- oder Polizeipräsenz gibt.
Grund für die "weichen Ziele" ist der Ausnahmezustand, der Mitte Mai in den drei Bundesstaaten Yobe, Borno und Adamawa verhängt wurde. Anfangs verdrängte dieser auch die Gruppe aus den Städten. Der Ausnahmezustand soll der nigerianischen Armee großangelegte Militäreinsätze ermöglichen und den Terroristen Bewegung und Kommunikation erschweren. Jedoch werden die Erfolge in Nigeria sieben Monate nach Beginn mehr als skeptisch bewertet.
Beleg dafür sind die vielen Gegenangriffe von Boko Haram. Nach Angaben der Vereinten Nationen soll es allein seit Beginn des Ausnahmezustands 48 gegeben haben. Mehr als 1.200 Menschen starben demnach bei den Angriffen - die Opfer von Militäreinsätzen nicht mit eingerechnet. Die tatsächliche Opferzahl dürfte weitaus höher liegen.
"Der Kampf gegen den Terrorismus war 2013 alles andere als erfolgreich. Das Jahr wird als das blutigste in die Geschichte Nigerias eingehen", schätzt Emmanuel Nnadozie Onwubiko, nationaler Koordinator der Vereinigung Schriftsteller für Menschenrechte (HURIWA) und kritischer Beobachter der Politik. Hauptgrund sind seiner Meinung nach die fehlenden Strategien im Kampf gegen den Terrorismus.
Dass die nigerianische Armee darin noch nicht weit genug ausgebildet ist, sieht auch Nnamdi Obasi, Nigeria-Analyst der Nichtregierungsorganisation International Crisis Group: "Das Militär hat überwiegend die klassische Kriegsführung gelernt." Dabei sind die Terroristen mobiler denn je, wie auch der Armeesprecher General Ibrahim Attahiru bestätigt. Sobald sie sich etwa ins Nachbarland Kamerun absetzen, hat die Armee keine Möglichkeit mehr, die Terroristen zu jagen. Kritiker am Ausnahmezustand hatten das schon vor Monaten befürchtet; Gehör schenkte ihnen damals niemand.
Auch die von den USA ausgesetzten sieben Millionen US-Dollar Kopfgeld auf den Boko-Haram-Anführer haben bislang keine Wirkung gezeigt. Mehrfach hieß es in den vergangenen Monaten, Abubakar Shekau sei ums Leben gekommen. Allerdings tauchte Mitte Dezember wieder ein Video auf, in dem er offenbar selbst zu sehen ist. "Unsere Angriffe beschränken sich nicht nur auf Nigeria, sondern betreffen die ganze Welt", soll er darin verkündet haben. Der Wahrheitsgehalt der Videobotschaften lässt sich jedoch nur schwer überprüfen.
"Die Ideologie, die die Gruppe antreibt, ist weiter lebendig", sagt Nigeria-Analyst Obasi. Über das sogenannte Amnesty-Komitee, das vor Monaten einen Waffenstillstand mit Boko Haram aushandeln sollte, wird zudem nicht mehr gesprochen. Auch der vor wenigen Wochen veröffentlichte Abschlussbericht machte wenig Hoffnung auf eine friedliche Einigung: Die Gruppe war schlicht nicht zu Gesprächen bereit.
Bei der ganzen Diskussion um den Terror von Boko Haram dürfe eines nicht vergessen werden, sagt Imam Muhammad Ashafa, Gründer des Interfaith Mediation Centre in Kaduna: "Nigeria hat 167 Millionen Einwohner. In der Region sind vielleicht sieben Millionen Menschen von Boko Haram betroffen. Es ist einfach nicht so, dass ganz Nigeria brennt."
(KNA - nlmmq-89-00008)
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