Christen, Juden und Muslime kritisieren Pegida-Bewegung
KNA 22.12.2014
Bonn (KNA) Die Kritik von Christen, Muslimen und Juden an der Pegida-Bewegung ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") hält an. Zugleich mahnen Vertreter der großen Religionen in Deutschland aber auch, die Sorgen vieler Menschen sehr ernst zu nehmen.
Nach zum Teil heftigen Protesten verteidigte der Bamberger katholische Erzbischof Ludwig Schick am Sonntag seinen Appell gegen Pegida: "Ein Christ darf nicht bei etwas mitmachen, das ganz oder teilweise nicht mit christlichen Grundsätzen und den Werten des Evangeliums übereinstimmt", schrieb Schick auf der Facebook-Seite des Erzbistums.
"Auch wer mit redlichen Motiven an einer Pegida-Demonstration teilnimmt, unterstützt damit - möglicherweise ungewollt - Fremdenphobie und das Verbreiten von irrationalen Ängsten gegenüber anderen Kulturen und Religionen", betonte Schick. Christen dürfen bei Pegida nicht mitmachen", hatte er am Donnerstag in einer Predigt gesagt. Dafür hatte er zum Teil sehr heftige Kritik geerntet, etwa in den sozialen Netzwerken.
Der neue Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte die Pegida-Bewegung sehr scharf im Interview mit der "tageszeitung" (taz, Montag): "Wenn die sogenannte christliche Abendlandkultur benutzt wird, um ausländerfeindliche, rassistische und menschenverachtende Parolen zu unterfüttern, ist das das genaue Gegenteil von Christentum."
Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heiner Koch, rief im "DeutschlandRadio Kultur" dazu auf, die Ängste der Pegida-Demonstranten sehr ernst zu nehmen und den Dialog zu suchen. "Die Hauptfrage wäre für mich: Warum ist diese Angst so stark, und wie kommen wir mit diesen Menschen ins Gespräch, in die Auseinandersetzung und Diskussion, um dann wirklich etwas wahrzunehmen und gegebenenfalls auch zu verändern." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte im "rbb-Inforadio", er habe kein Verständnis für antimuslimische Parolen, man müsse aber mit den Ängsten der Menschen umgehen. Der neue Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnte in der Tageszeitung "Die Welt" davor, die Bewegung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" zu unterschätzen. Sie sei "brandgefährlich".
Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag des Magazins "Focus" würden 85 Prozent der Bundesbürger nicht an Demonstrationen für Pegida-Ziele teilnehmen. Dabei war die Ablehnung in der Altersgruppe der über 65-Jährigen mit 92 Prozent am höchsten. Die höchste Zustimmung für die Pegida fand sich hingegen bei den 14- bis 29-Jährigen mit 14 Prozent. Mit Blick auf die Parteizugehörigkeit gab mehr als die Hälfte der AfD-Anhänger an, sicher oder sehr wahrscheinlich an Pegida-Kundgebungen teilzunehmen. Für Anhänger der Volksparteien kommt dies laut Umfrage am wenigsten infrage.
Der evangelische Landesbischof aus Hannover Ralf Meister warnte vor einer "Polarisierung der Gesellschaft". In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" und im NDR nannte er es einen Fehler, die Demonstrationen grundsätzlich unter den Vorwurf des Rechtsradikalismus zu stellen. Er teile kein einziges Ziel der Pegida-Bewegung. Doch hilfreicher als eine Ausgrenzung sei es, mit positiven Beispielen eine plurale Gesellschaft vorzuleben.
Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, forderte Christen zu einem "Nein" gegenüber Pegida auf. Im "Deutschlandradio Kultur" sagte er, Pegida verletze christliche Grundsätze.
(KNA - olmml-89-00055)
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