Papst besucht heilige Stätten von Muslimen und Juden
KNA 26.05.2014
Jerusalem (KNA) Papst Franziskus hat am Montagmorgen die heiligsten Stätten von Muslimen und Juden in Jerusalem besucht. Bei einem Treffen mit dem Jerusalemer Großmufti Mohammed Hussein auf dem Tempelberg rief er zu Verständnis für das Leid der jeweils anderen auf und verurteilte Ge-walt im Namen Gottes. Anschließend betete der Papst an der jüdischen Klagemauer. Die beiden benachbarten Stätten sind ein symbolischer Brennpunkt des Konflikts zwischen Juden und Musli-men.
Vor dem Austausch mit dem Großmufti und dem Vorsitzenden des Obersten Muslimrates Ikrima Sabri besichtigte Franziskus den Felsendom, gemeinsam mit der Al-Aksa-Moschee die drittheiligste Stätte des Islam nach Mekka und Medina. Nach islamischer Sitte zog Franziskus beim Betreten die Schuhe aus. Außerplanmäßig nahm auch der jordanische Prinz Ghazi bin Muhammad an dem Tref-fen am Sitz des Islamrats teil. Jordanien ist die Schutzmacht des Tempelbergs, auf Arabisch "Haram al-Scharif" (edles Heiligtum). Ghazi hatte Franziskus bereits am Samstag bei dessen Besuch in Jor-danien begleitet.
Großmufti Hussein verwies auf die Bedeutung der Stätte für Muslime und beklagte Härten für die Palästinenser. Frieden in der Region könne es nur in wechselseitigem Respekt geben. Papst Fran-ziskus erinnerte an Abraham als gemeinsamen Stammvater von Juden, Christen und Muslimen. Die Angehörigen der verschiedenen Religionen sollten sich "als Brüder und Schwestern" achten und lie-ben. "Niemand gebrauche den Namen Gottes als Rechtfertigung für Gewalt. Arbeiten wir gemeinsam für die Gerechtigkeit und den Frieden", sagte der Papst.
Danach begab sich Franziskus an die jüdische Klagemauer. Dort ließ er sich die Archäologie und Geschichte der Mauer erläutern, die heute der einzige sichtbare Rest des von Römern im Jahr 70 zerstörten jüdischen Tempels ist. Nach jüdischem Brauch steckte er einen Gebetszettel in die Mauer-ritzen und verweilte einige Augenblicke in stillem Gebet, mit geneigtem Haupt und der rechten Hand auf den Steinen. Anschließend umarmte er Rabbiner Abraham Skorka und den Imam Omar Abboud, die zu seiner Delegation gehören. Der für die Klagemauer zuständige Rabbiner Schmuel Rabino-witsch unterstrich in seinen Worten an den Papst die starke Bindung der Juden an Jerusalem, insbe-sondere nach der Erfahrung des Holocaust. Gläubige aller Religionen rief er zu einer Absage an Hass und Antisemitismus auf.
Die sogenannte Klagemauer in Jerusalem ist die wichtigste religiöse Stätte für Juden. Die Bedeutung leitet sich aus der Nähe zum 70 nach Christus zerstörten Jüdischen Tempel ab. Die Mauer gehört zum westlichen Stützfundament und ist nach allgemeiner Überzeugung der dem Allerheiligsten des zerstörten Tempels nächstgelegene Ort. In die Fugen stecken fromme Juden Zettel mit Wünschen an Gott. Mittlerweile ist auch eine elektronische Übermittlung an die örtlichen Geistlichen möglich. Die deutsche Bezeichnung Klagemauer entspringt einer falschen Deutung der laut vorgetragenen Gebete frommer Juden. Hebräisch heißt sie "ha Kotel", die Mauer, im Englischen meist Western Wall, also Westmauer. Sie ist etwa 50 Meter breit und 18 Meter hoch; weitere 18 Meter verbergen sich im Untergrund.
(KNA - okpmq-89-00004)
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